Februar 2024 |
240208 |
ENERGIE-CHRONIK |
Bei den bisher 33 Ausschreibungen für Solaranlagen auf Freiflächen waren die Gebotsmengen fast immer größer als das Angebot. Das erklärt, weshalb auf dieser Grafik die blaue Kurve der ausgeschriebenen Strommengen fast deckungsgleich mit der roten Kurve der bezuschlagten Strommengen verläuft und – mit Ausnahme des Jahres 2022 – weitgehend unter ihr verschwindet. Eine derart hohe Nachfrage (weiß) wie 2023 hat es aber noch nie gegeben. Kräftig dazu beigetragen hat die Anhebung des Höchstwerts von 5,9 auf 7,37 Cent/kWh sowie die auf ein Jahr befristete Ausweitung der Gebotsgrenze bis auf 100 Megawatt. |
Die Ausschreibung für Solaranlagen des Segments 1, die zum 1. Dezember 2023 stattfand, wurde noch stärker überzeichnet als die beiden vorangegangenen. Wie die Bundesnetzagentur am 31. Januar mitteilte, stand den angebotenen 1.611 MW eine Nachfrage von 5.485 MW gegenüber. Das war fast dreieinhalbmal so viel, während die genauso hohe Ausschreibungsmenge vom 1. Juli "nur" 2,9-fach (230801) und die etwas höhere vom 1. März 1,5-fach (230412) überzeichnet wurde.
Zum Segment 1 gehören nach den Begriffsbestimmungen in § 3 EEG seit der Neuregelung der Ausschreibungspraxis (200905) "jede Freiflächenanlage und jede Solaranlage auf, an oder in einer baulichen Anlage, die weder Gebäude noch Lärmschutzwand ist". Zum Segment 2 gehört dagegen "jede Solaranlage auf, an oder in einem Gebäude oder Lärmschutzwand".
Der durchschnittliche mengengewichtete Zuschlagswert betrug 5,17 Cent/kWh. Er lag damit deutlich unter dem festgelegten Höchstwert von 7,37 Cent/kWh und auch um 1,3 Cent unter dem Wert der Vorrunde (6,47 Cent/kWh). Im langfristigen Vergleich mit allen 33 Freiflächen-Ausschreibungen, die seit 2015 stattfanden, liegt er ebenfalls unter dem hier erzielten Durchschnittswert von 5,81 Cent/kWh (bzw. 5,35 Cent/kWh, wenn man die ersten sechs Pilot-Ausschreibungen nicht berücksichtigt).
Aufgrund von Formfehlern mussten 43 Gebote im Umfang von 301 MW vom Verfahren ausgeschlossen werden. Das waren 7,5 Prozent der eingereichten Gebote. So viele Ausschlüsse gab es bei den Solar-Ausschreibungen noch nie.
Regional betrachtet entfällt das weitaus größte bezuschlagte Volumen wie in der Vorrunde mit weitem Abstand auf Gebote mit Standorten in Bayern (604 MW, 63 Zuschläge), gefolgt von Standorten in Brandenburg (197 MW, 9 Zuschläge) und Sachsen-Anhalt (167 MW, 11 Zuschläge). Aufgeteilt nach Kategorien konnten die meisten Zuschläge an Projekte erteilt werden, die auf Randstreifen an Autobahnen oder Schienenwegen geplant werden (55 Zuschläge mit insgesamt 828 MW). Auf die Kategorie mit dem insgesamt zweithöchsten Zuschlagsvolumen – Acker- oder Grünlandflächen – entfielen in dieser Runde 47 Zuschläge mit 530 MW.
Zehn Zuschläge wurde an Gebote erteilt, die sogenannte Agri-PV betreiben wollen, bei der eine gleichzeitige landwirtschaftliche Nutzung des Standortes stattfindet. Zwei Zuschläge mit 38 MW wurden an Projekte vergeben, bei denen im Zuge der Errichtung der Solaranlagen entwässerte Moorböden wiedervernässt werden sollen.
Nach den enttäuschenden Ergebnissen des Jahres 2022 (221212) waren die drei Ausschreibungen des Jahres 2023 ein Lichtblick. Allerdings bedurfte es dazu kräftiger Nachhilfen: Die eine bestand in der Erhöhung des nach § 37b EEG zulässigen Höchstwerts von 5,9 auf 7,37 Cent/kWh (230112). Die andere war eine in § 100 Abs. 13 EEG verankerte Ausnahmegenehmigung, die für das Jahr 2023 den § 37 Abs. 3 EEG außer Kraft setzte, wonach die Gebote bei Ausschreibungen für Solar 1 eine zu installierende Leistung von 20 MW pro Zuschlag nicht überschreiten dürfen. Deshalb konnten bei allen drei Ausschreibungen Gebote bis zu 100 MW eingereicht werden.
Diesen Rückenwind muss man bei den mehrfachen Überzeichnungen des Jahres 2023 berücksichtigen. Nicht zuletzt erklärt er die besonders hohe Überzeichnung der jüngsten Ausschreibung, denn sie war die letzte Gelegenheit, von der zulässigen Überschreitung der 20-MW-Grenze zu profitieren. Diese Ausnahmeregelung wurde in den Übergangsbestimmungen des § 100 EEG quasi versteckt und bisher kaum kommuniziert, wenn man davon absieht, dass der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) in einer Stellungnahme vom November vorigen Jahres die dauerhafte Anhebung der maximalen Gebotsgröße auf 100 MW forderte. Dem BSW zufolge entfielen bei den beiden ersten Ausschreibungen von insgesamt 3,6 GW Zuschlagsmenge 1,3 GW auf Gebote über 20 MW. Bei der Ausschreibungsrunde zum 1. Juli 2023 sei es sogar knapp die Hälfte der Zuschlagsmenge gewesen.
Ihren jetzigen Hinweis auf das Auslaufen dieser Ausnahmeregelung verband die Bundesnetzagentur mit der Angabe, dass von den Geboten der dritten Ausschreibung 1.986 MW auf Anlagen mit mehr als 20 MW entfallen seien. Das entspricht 36 Prozent der gesamten Gebotsmenge. Einen Zuschlag erhalten hätten 19 solcher Gebote, wobei das größte einen Umfang von 74 MW gehabt habe. Genauere Angaben zum Anteil der Ausnahmeregelung an der gesamten Zuschlagsmenge von 1.613 MW machte die Behörde nicht.
An dem seit 2023 geltenden Höchstwert von 7,37 Cent pro Kilowattstunde ändert sich dagegen vorerst nichts – im Unterschied zu Solaranlagen des Segments 2, wo er von 11,25 auf 10,5 Cent/kWh sinkt. Durch einen erneuten Beschluss bestätigt hat die Bundesnetzagentur auch den Höchstwert von 7,35 Cent/kWh für Windkraftanlagen.