Juli 2006

060701

ENERGIE-CHRONIK


"Hochkonzentrierte Marktstrukturen" behindern weiter den Wettbewerb

Die Monopolkommission betrachtet die Entwicklung auf den Strom- und Gasmärkten weiterhin "mit großer Sorge". In beiden Bereichen spiele der Wettbewerb "bisher nur eine äußerst geringe Rolle", heißt es in ihrem 16. Hauptgutachten, das sie Anfang Juli dem Bundeswirtschaftsministerium überreichte. Bei Strom sei er "nach einer dynamischen Anfangsphase in den ersten beiden Jahren nach der Marktöffnung nahezu vollständig zum Stillstand gekommen" (9). Bei Gas habe er sich "noch nicht einmal ansatzweise" entwickeln können (11). Das neue Energierecht mit der Einführung einer Regulierungsbehörde habe zwar die Rahmenbedingungen verbessert, garantiere aber noch keinen funktionsfähigen Wettbewerb. Aufgrund der mittlerweile "hochkonzentrierten Marktstrukturen" sei sogar nicht auszuschließen, "daß der Wettbewerb in der Strom- und Gaswirtschaft auch durch einen funktionsfähigen Durchleitungswettbewerb kaum noch wiederbelebt werden kann" (38).

Rückblickend rügt die Kommission die "unzulängliche institutionelle Ausgestaltung der Netzregulierung", wie sie das Energiewirtschaftsgesetz von 1998 und die darauf fußende Praxis der Verbändevereinbarungen bewirkten. In den acht Jahren seit der Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte seien so "zementierte Marktstrukturen" entstanden, die auch durch eine funktionierende Regulierung des Netzbereichs kaum noch aufgebrochen werden könnten (13).

Die Kommission wiederholt die Empfehlung aus ihrem 15. Hauptgutachten, auch die Stromgroßhandels- und Regelenergiemärkte einer intensiveren Wettbewerbsaufsicht zu unterstellen. Die Stromhandelsmärkte seien "in hohem Maße anfällig für Preismanipulationen durch marktmächtige Erzeugungsunternehmen" (22). Noch problematischer sei der Markt für Regelenergie, den es praktisch gar nicht gebe, weil "sich das Angebot in den einzelnen Regelzonen nahezu ausschließlich auf die Kraftwerksgesellschaften des jeweiligen Übertragungsnetzbetreibers beschränkt" (23). Die Regulierungsbehörde müsse insbesondere ermächtigt werden, "der Ursache von Preisschwankungen auf den Großhandelsmärkten nachzugehen und manipulatives Verhalten zu ahnden" (24).

Auch der neue energiewirtschaftliche Rahmen weise "erhebliche Schwächen" auf. Problematisch seien "insbesondere die unklaren und zum Teil widersprüchlichen gesetzlichen Maßstäbe des Energiewirtschaftsgesetzes sowie der dazugehörigen Rechtsverordnungen für die Kalkulation der Netzentgelte" (30). Die aus § 21 EnWG resultierenden Rechtsunsicherheiten bedeuteten ein erhebliches Hemmnis für die Wettbewerbsentwicklung (33). Der § 111 Abs. 3 EnWG sei mit dem Vorrang europäischen Gemeinschaftsrechts nicht vereinbar (31). Ein "unverständliches Versäumnis des deutschen Gesetzgebers" sei ferner das Fehlen einer "speziellen Eingriffsnorm, die es der Bundesnetzagentur ermöglichen würde, bei Verdacht auf Marktmanipulationen das Verhalten der betroffenen Marktteilnehmer zu untersuchen und gegebenenfalls zu ahnden" (34). Als "wettbewerbspolitisch nicht zu rechtfertigende Privilegierung der Betreiber von Gasfernleitungsnetzen" rügt die Kommission ferner die auf § 24 Satz 2 Nr. 5 EnWG basierende Regelung des § 3 Abs. 2 der Gasnetzentgeltverordnung (GasNEV), welche die Fernleitungsbetreiber sowohl von der kostenbasierten Entgeltregulierung nach § 21 Abs. 2 EnWG als auch von der sie ablösenden Anreizregulierung gemäß § 21 a EnWG befreie (37).

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