Dezember 2007

071202

ENERGIE-CHRONIK


Bei Grundversorgern mit Konzernbindung sind die Strompreise höher

Wenn E.ON, RWE, EnBW oder Vattenfall an einem Grundversorger beteiligt sind, verlangt dieser meistens einen höheren Strompreis als Grundversorger ohne kapitalmäßige Bindung an einen der vier Energiekonzerne. Auf diesen Sachverhalt machte am 11. Dezember die ARD-Fernsehsendung "Plusminus" aufmerksam. Der Befund paßt zum Ergebnis des bundesweiten Gaspreisvergleichs, den das Bundeskartellamt bereits im Januar veröffentlichte (070103). Auch dabei hatte sich ergeben, daß alle zu RWE, E.ON und EnBW gehörenden Versorger im oberen Preisbereich lagen (Vattenfall war damals noch nicht im Gasvertrieb tätig).

Die "Plusminus"-Redaktion stützte sich bei der jetzigen Erhebung auf die zum 6. November gültigen Grundversorger-Preise für einen Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden, wie sie der Branchendienstleister Verivox ermittelte. Diese Liste kombinierte sie mit den jüngsten Angaben der Monopolkommission zu den Beteiligungen der vier Energiekonzerne (071102). Beim Vergleich der Beteiligungsverhältnisse mit den Preisen stellte sich heraus, daß die vier Konzerne überdurchschnittlich an solchen Versorgern beteiligt sind, die überdurchschnittlich hohe Strompreise verlangen (zu 39 Prozent). Bei günstigen Versorgern, deren Strompreise unter dem Durchschnitt liegen, ist dagegen auch die Konzernbeteiligung geringer (25 Prozent).

Der RWE-Konzern versuchte gegenüber "Plusminus" diesen Befund damit zu erklären, daß die Konzerne vor allem dort an der Grundversorgung beteiligt seien, wo sie aufgrund ländlicher Strukturen besonders teuer sei. Dagegen könnten rein kommunale Versorger billiger sein, weil sie leichter versorgbare Gebiete hätten.

Starke Unterschiede auch bei Grundversorgern mit Konzernbeteiligung

Eine ausführlichere Analyse der von "Plusminus" zusammengestellten Liste (siehe Tabelle) zeigt allerdings, daß dies keine hinreichende Erklärung sein kann. Zum Beispiel verlangen die konzerngebundenen Grundversorger in Baden-Württemberg 876 Euro für denselben Jahresverbrauch, den die konzerngebundene Grundversorger in Bayern mit 770 Euro berechnen. Strukturunterschiede dürften in diesem Fall keine große Rolle spielen. Die beachtliche Differenz läßt sich eher damit erklären, daß Baden-Württemberg die Genehmigungspflicht für die Grundversorgungs-Tarife, die bundesweit erst seit 1. Juli 2007 entfallen ist (070501), bereits sieben Jahre früher abgeschafft hat (991217). Und sicher geht es auch zu Lasten der Strompreise, wenn die im Lande dominierende EnBW schon mal eine Million Euro für den Spickzettel eines Torhüters ausgibt (061222) oder ihren 44-jährigen Vorstandsvorsitzenden mit einer fürstlichen Frühpension zum vorzeitigen Abtritt bewegt (070803).

Im Osten ist die Konzernbindung mehr als doppelt so hoch und der Strom um neun Prozent teurer

Eine bemerkenswerte Affinität zwischen Konzernbindung und hohen Strompreisen zeigt auch der Vergleich zwischen alten und neuen Bundesländern: Im Westen sind die vier Konzerne an 27,25 Prozent der Grundversorger beteiligt, während diese Quote im Osten mit 61 Prozent mehr als doppelt so hoch ist. Zugleich sind die Strompreise im Osten im Durchschnitt um neun Prozent höher (Grafik 1).

Von den alten Bundesländern hat Baden-Württemberg die höchsten Strompreise, gefolgt vom Saarland, Bremen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, und Hamburg. Unter dem Durchschnitt liegen dagegen die Preise in Bayern, Niedersachsen, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Das generell noch höhere Preisniveau der neuen Bundesländer wird von Thüringen angeführt. Es folgen Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin (Grafik 2).

Besonders teuer wird es für die Stromkunden, wenn die EnBW Anteile an einem Grundversorger besitzt: Die Strompreise liegen dann um 6,3 Prozent über denen von Versorgern ohne Konzernbeteiligung. Wenn Vattenfall zum Eigentümerkreis gehört, sind die Strompreise durchschnittlich um 6 Prozent höher. Bei RWE sind es 3,7 Prozent und bei E.ON 2,4 Prozent (Grafik 3).

Der Einfluß der vier Konzerne ist noch wesentlich stärker, als die Beteiligungsquote von 33 Prozent an den insgesamt etwa 870 deutschen Grundversorgern erkennen läßt. Zunächst einmal wird schon die Hälfte des Stromabsatzes an Endkunden von den Konzernen selber bzw. von Tochterunternehmen bestritten (061217). Mit den Minderheitsbeteiligungen an anderen Endversorgern sichern sich die Konzerne nicht nur Einfluß auf Lieferverträge und Preisgestaltung, sondern nochmals den größten Teil des restlichen Stromabsatzes. Denn bei diesen Beteiligungen handelt es sich in aller Regel um größere Stadtwerke oder Regionalversorger mit einem wesentlich umfangreicheren Kundenkreis und Stromabsatz als das Gros der Grundversorger.

Links (intern)


In den östlichen Bundesländern ist die Konzernbindung der Grundversorger mehr als doppelt so hoch wie in den westlichen. Zugleich sind die Strompreise dort im Durchschnitt um neun Prozent höher.

Das generell höhere Preisniveau der neuen Bundesländer wird von Thüringen angeführt. Es folgen Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin. Von den alten Bundesländern hat Baden-Württemberg die höchsten Strompreise, gefolgt vom Saarland, Bremen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, und Hamburg. Unter dem Durchschnitt liegen dagegen die Preise in Bayern, Niedersachsen, Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Bayern, Niedersachsen und Sachsen bilden insofern eine Ausnahme, als hier die konzerngebundenen Grundversorger billiger sind. In den Stadtstaaten Berlin und Hamburg gibt es mit Vattenfall jeweils nur einen einzigen Grundversorger. Ähnlich verhält es sich in Bremen/Bremerhaven, wo der örtliche Versorger swb zum niederländischen Essent-Konzern gehört (da die hier erfaßten "Konzernbindungen" nur E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall betreffen, wird swb nicht rot, sondern blau dargestellt).

Wenn die EnBW Anteile an einem Grundversorger besitzt, wird es für die Stromkunden besonders teuer: Der Preis für 4000 Kilowattstunden jährlich liegt dann um 6,3 Prozent über denen von Versorgern ohne Konzernbeteiligung (blau). Wenn Vattenfall zum Eigentümerkreis gehört, sind die Strompreise durchschnittlich um 6 Prozent höher. Bei RWE sind es immer noch 3,7 Prozent und bei E.ON 2,4 Prozent.