März 2009

090306

ENERGIE-CHRONIK


Bundesnetzagentur befreit Gaspipeline OPAL von der Regulierung

Die Bundesnetzagentur hat die Sonderrechte, die von den Gas-Transportnetzbetreibern Wingas und E.ON-Ruhrgas für die beiden Ostsee-Anschlußleitungen OPAL und NEL beantragt wurden (080907), im Fall der OPAL weitgehend bewilligt. Wie die Behörde am 25. Februar mitteilte, nimmt sie die Gasfernleitung für den Zeitraum von 22 Jahren ab Inbetriebnahme von der Regulierung aus. Die Freistellung gilt für Gas aus der Ostsee-Pipeline Nord Stream, das unmittelbar bis nach Tschechien weitergeleitet wird. Nicht von der Ausnahme erfaßt sind inländische Ausspeisungen sowie mögliche Gegenstromtransporte von Tschechien nach Deutschland. Die inländischen Ausspeisungen sind allerdings nur gering und Gegenstromtransporte nicht zu erwarten. Nach dem jetzt genehmigten Antrag wird die OPAL über eine Gesamtkapazität von jährlich 36 Milliarden Kubikmetern verfügen, wobei innerhalb Deutschlands nur eine Ausspeisemöglichkeit besteht (Groß Köris), die auf 4,5 Milliarden Kubikmeter jährlich beschränkt ist. Die Befreiung von der Regulierung erstreckt sich also auf sieben Achtel der Gesamtkapazität von 36 Milliarden Kubikmetern.

Das von der Regulierung befreite Pipeline-Projekt OPAL transportiert das bei Greifswald ankommende russische Erdgas über die ebenfalls noch zu bauende tschechische Leitung "Gazelle" zum Grenzübergang Waidhaus. Nach einem Gutachten des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) käme die Einspeisung ins deutsche Netz über die NETRA wesentlich billiger. Allerdings würde sich dadurch nicht viel an der Abhängigkeit der MEGAL von Lieferungen durch die Ukraine ändern. Die hier gezeigte Grafik entstammt diesem EWI-Gutachten.

Die Genehmigung stützt sich auf § 28 a EnWG, der es unter bestimmten Voraussetzungen der Regulierungsbehörde erlaubt, "Verbindungsleitungen zwischen Deutschland und anderen Staaten" von der Regulierung auszunehmen. Behördenchef Matthias Kurth hält das Kriterium einer zwischenstaatlichen Verbindungsleitung für erfüllt, da die OPAL das deutsche und tschechische Fernleitungsnetz miteinander verbinde. Das Projekt der NEL, die in Deutschland beginnt und endet, sei dagegen eine rein nationale Leitung, für die es keine Ausnahme geben könne. Deshalb sei der Antrag für die NEL abgelehnt worden.

Die Entscheidung muß noch von der EU-Kommission bestätigt werden. Ob diese den Sachverhalt ebenso beurteilt, bleibt abzuwarten. Denn der Gastransport von der Ostsee nach Tschechien dient nicht der Versorgung dieses Landes. Das Gas, das bei Olbernhau die Grenze passiert, soll vielmehr über eine noch zu bauende neue Pipeline ("Gazelle") durch den Nordwesten Tschechiens zum Grenzübergang Waidhaus geleitet und dort wieder ins deutsche Netz eingespeist werden. Insofern kann man durchaus darüber streiten, ob es sich bei der OPAL um eine Verbindungsleitung zwischen zwei Staaten handelt.

Auch wäre es kostengünstiger, die nördlich von Berlin in Ost-West-Richtung verlaufende NETRA so auszubauen, daß sie außer dem über Polen gelieferten russischen Erdgas künftig auch das durch die Ostsee kommende Gas abführen kann. Neu gebaut werden müßte dann nur die Pipeline zwischen Greifswald und Berlin. Die Pläne für eine solche Verbindung liegen in Gestalt des Projekts NORDAL bereits baureif vor. Dieses Projekt wird allerdings nicht von Wingas und E.ON betrieben, sondern war ursprünglich von der Saalfeld-Gruppe zur Versorgung eines geplanten Gaskraftwerks bei Greifswald konzipiert worden. Nachdem der Bau der Ostsee-Pipeline als gesichert gelten konnte, hat Saalfeld das Kraftwerksprojekt an E.ON und Gazprom verkauft, die Rechte an dem Pipeline-Projekt aber behalten, um es nun in umgekehrter Richtung nutzen zu können (080303). Der ursprünglich geplante Durchmesser der Röhre wurde auf 1,20 Meter erweitert, so daß sie für die für die Abfuhr des bei Greifswald anlandenden russischen Erdgases zur NETRA ausreichen würde.

Falls die EU-Kommission die Entscheidung der Bundesnetzagentur dennoch bestätigt, dürften Gesichtspunkte der Versorgungssicherheit ausschlaggebend sein: Zugunsten der wesentlich längeren und teuereren Trassenführung nach Tschechien (OPAL) und durch Tschechien (Gazelle) bis Waidhaus läßt sich nämlich geltend machen, daß dadurch am wichtigsten deutschen Grenzübergang für russisches Erdgas die Abhängigkeit von den durch die Ukraine führenden Transitleitungen stark verringert wird. In Waidhaus wird dann soviel Gas von der Ostsee ankommen, daß dies die Kapazität der von dort abführenden MEGAL-Stränge überfordert und deshalb eine Einschränkung der Lieferungen über die Ukraine erforderlich macht.

Die Saalfeld-Gesellschaft Concord Power NORDAL GmbH will die Befreiung des Konkurrenzprojektes OPAL von der Regulierung gerichtlich anfechten. Die Bundesnetzagentur habe in diesem Fall "eindeutig rechtswidrig" entschieden, erklärte ihr Geschäftsführer Heiko von Tschischwitz. Die Befreiung der OPAL von der Regulierung fördere den Bau sinnloser Leitungen und ermögliche es, die Kosten in Gestalt überhöhter Leitungsgebühren den Energieendkunden aufzubürden. Sachgerecht und konsequent sei dagegen die Entscheidung der Behörde, dem Projekt NEL die ebenfalls beantragte Befreiung von der Regulierung zu versagen. "Damit ist die NEL nun endgültig gescheitert und wird nicht gebaut werden", meinte Tschischwitz.

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