Juni 2009 |
090612 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der E.ON-Konzern überläßt der Österreichen Elektrizitätswirtschafts AG (Verbund) 13 Wasserkraftwerke am Inn mit einer Leistung von insgesamt 312 Megawatt (MW). Die Verträge wurden am 8. Juni in München unterzeichnet. E.ON erhält dafür im Gegenzug über einen Zeitraum von 20 Jahren Strombezugsrechte aus den österreichischen Speicherkraftwerken Zemm-Ziller im Zillertal, die einer Leistung von rund 318 MW entsprechen, sowie einen nicht näher bezifferten Barausgleich.
Die Abgabe der Inn-Kraftwerke erfolgt im Rahmen der Verpflichtungen, die E.ON im Mai 2008 gegenüber der EU-Kommission eingegangen ist, um einer Bestrafung wegen Manipulierung der Strompreise zu entgehen (081101). Neben dem Verkauf des Transportnetzes hatte E.ON zugesagt, sich von 5.000 MW Kraftwerkskapazität zu trennen. Die Übergabe der Wasserkraftwerke soll bis Herbst erfolgen, sofern die EU-Kommission dem Handel zustimmt.
Wie der Verbund mitteilte, wird er für die 13 Inn-Kraftwerke eine Gesellschaft in Deutschland gründen und interessierten bayerischen Kommunen einen Anteil von bis zu 30 Prozent an dieser Gesellschaft anbieten. Alle 217 Mitarbeiter der Innkraftwerke würden zu unveränderten Bedingungen in den Verbund-Konzern integriert. Bisher verfüge er in Österreich über Lauf- und Speicherkraftwerke mit einer Kapazität von mehr als 6.600 MW. Durch den Erwerb der 13 Inn-Kraftwerke mit einer Jahresproduktion von rund 1850 Gigawattstunden (GWh) könne er seine Stromerzeugung aus Laufwasser um rund neun Prozent erhöhen und von Synergieeffekten profitieren. Zusätzlich befänden sich derzeit Wasserkraftwerkskapazitäten mit rund 500 MW im Bau und weitere Projekte mit 550 MW in Planung.
Im Ausland werde der Verbund seine Aktivitäten am französischen Strommarkt verstärken und über die Beteiligung an Poweo auch Wasserkraftwerkskonzessionen in Frankreich zu erwerben. In der Türkei würden derzeit gemeinsam mit dem Partner Sabanci neun Wasserkraftwerke mit einer Gesamtleistung von rund 1.000 MW geplant und errichtet. Vor wenigen Tagen sei zudem die Grundsteinlegung für den Bau eines 50 MW-Laufkraftwerkes in Albanien erfolgt.
Schon vor acht Jahren wollten E.ON und Verbund ihre Wasserkraftwerke in eine gemeinsame Gesellschaft einbringen (010702). Die EU-Kommission gab ihre Zustimmung (020115). Das Vorhaben scheiterte aber an politischen Widerständen in Österreich (020206). Der jetzt vereinbarte Handel zwischen E.ON und Verbund läßt sich auch als eine modifizierte und verkleinerte Ausführung des damals gescheiterten Vorhabens sehen.
Ebenfalls im Rahmen der Verpflichtungen gegenüber der EU-Kommission hat der E.ON-Konzern am 29. Mai das Vorabkommen mit der Energie Baden-Württemberg über den Verkauf seiner Beteiligung am Braunkohlekraftwerk Lippendorf und am Steinkohlekraftwerk Bexbach (081206) verbindlich gemacht. Die EnBW war bereits an beiden Kraftwerken beteiligt. Mit dem Erwerb des bisher hälftigen E.ON-Anteils besitzt sie nun Block S in Lippendorf zu hundert Prozent und eine installierte Leistung von mehr als 880 Megawatt. In Bexbach (insgesamt 773 MW) kann sie ihre Position als größter Anteilseigner um 8,3 Prozent bzw. 79 MW ausbauen.
Nach Angaben der EnBW verfügte sie im Jahr 2008 Inklusive langfristiger Bezugsverträge und teileigener Kraftwerke über insgesamt 15.000 Megawatt an installierter Leistung. Davon entfielen 4.846 Megawatt auf Kernkraftwerke, 6.585 Megawatt auf konventionelle Kraftwerke, 3.472 Megawatt auf Laufwasser- und Speicherkraftwerke und 97 Megawatt auf sonstige erneuerbare Energien.
Infolge der Übernahme der E.ON-Anteile an Lippendorf und Bexbach wird sich die Kohle- und Kernkraftlastigkeit dieser Erzeugungspalette auf mehr als drei Viertel erhöhen. Um sie etwas freundlicher zu gestalten, bemüht sich die EnBW verstärkt um den Ausbau des restlichen Anteils an Strom aus erneuerbaren Energien, den sie im wesentlichen den Wasserkraftwerken des früheren Badenwerks verdankt. Zum einen versucht sie, aus der grundlastfähigen Wasserkraft die letzten Reserven herauszuholen. Das größte Projekt ist dabei der Neubau des deutsch-schweizerischen Grenzwasserkraftwerks Rheinfelden, der dessen Jahresproduktion mehr als verdreifachen wird (050710). Im Grenzkraftwerk Iffezheim, das jeweils zur Hälfte der EnBW und der Electricité de France (EDF) gehört, soll eine fünfte Turbine mit einer Leistung von 38 Megawatt installiert werden, mit der die Anlage künftig über eine Gesamtleistung von 148 Megawatt verfügt. Außerdem errichten EnBW und EDF an bereits bestehenden Wehren am Oberrhein zwei kleine Anlagen bei Kehl (1,4 MW) und Breisach (2,6 MW). Die relativ geringe Leistung dieser Anlagen rührt daher, daß der Oberrhein entlang der deutsch-französischen Grenze aufgrund des Versailler Vertrags weitgehend in einen Kanal auf französischer Seite umgeleitet wird und deshalb meistens kaum noch Wasser führt. Das neue Wasserkraftwerk bei Kehl wurde am 15. Juni offiziell in Betrieb genommen. Betreiber ist die Rheinkraftwerk Iffezheim (RKI) GmbH als gemeinsame Tochter von EnBW und EDF. Die EnBW gehört ihrerseits zur Hälfte der EDF und wird von dieser als deutsche Tochter behandelt.
Zusätzlich steigt die EnBW in die Windstromerzeugung ein. Im Mai 2008 erwarb sie vier Offshore-Windkraftprojekte in der Nord- und Ostsee (080515). Inzwischen hat sie alle wesentlichen Aufträge für das Offshore-Projekt Baltic 1 vergeben, das 21 Anlagen mit 52,5 MW umfassen soll. Ferner übernahm sie Ende Februar 2009 von der Plambeck Neue Energien AG drei landgestützte Windparks mit 26 Anlagen und einer Nennleistung von insgesamt 52 Megawatt.
An der ursprünglich vorgesehenen Zusammenarbeit mit Dow Chemicals zur Errichtung eines gemeinsamen GuD-Kraftwerks mit 1000 MW in Stade ist die EnBW nicht mehr interessiert, nachdem sich ihre Erzeugungskapazitäten in Lippendorf und Bexdorf um annähernd dieselbe Dimension vergrößert haben. Am 10. Juni teilten beide Unternehmen in einer gemeinsamen Presseerklärung mit, daß sie von diesem Projekt "aus verschiedenen Gründen" Abstand nähmen.