Mai 2010

100514

ENERGIE-CHRONIK


Ungarn darf Stromerzeuger für Verluste durch Liberalisierung entschädigen

Die Europäische Kommission erlaubte Ende April dem ungarischen Staat, drei Stromerzeuger für Gewinneinbußen infolge der erzwungenen Liberalisierung des Strommarktes zu entschädigen. Nutznießer der Regelung sind die ungarischen Töchter der französischen Energiekonzerne EDF (Budapesti), GDF Suez (Dunamenti) und Dalkia (Pannon).

In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre hatte Ungarn ein System von langfristigen Stromabnahmevereinbarungen eingeführt, um Stromerzeugern einen Anreiz zu Investitionen zu bieten. Der staatliche Stromversorger Magyar Villamos Müvek (MVM) war dadurch verpflichtet, den Strom zu festgelegten Preisen und Mengen abzunehmen. Nach dem Beitritt Ungarns zur EU am 1. Mai 2004 (040404) sah die Brüsseler Kommission darin eine rechtswidrige, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag. Im Juni 2008 entschied die Kommission endgültig, daß der Staat diese Vereinbarungen innerhalb von sechs Monaten zu beenden habe. Ferner sollte er von den Stromerzeugern die Einnahmen zurückfordern, die sie seit dem EU-Beitritt des Landes ohne die Vereinbarungen nicht erzielt hätten. Ungarn erließ daraufhin ein Gesetz zur Beendigung der Stromabnahmevereinbarungen, das den Ausgleich von damit zusammenhängenden Verlusten der Stromerzeuger vorsieht und so die Rückzahlung der "Beihilfen" praktisch kompensiert. Durch die jetzige Entscheidung der Kommission wird dieses Gesetz sanktioniert.

Eine ähnliche Entscheidung traf die Kommission bereits im September 2007 im Falle Polens. Auch hier waren langfristige Stromabnahmevereinbarungen zwischen den Erzeugern und dem Netzbetreiber PSE geschlossen worden, die nach dem EU-Beitritt des Landes eine unzulässige Beihilfe darstellten. Um diese Sichtweise praktisch durchsetzen zu können, gewährte die Kommission ebenfalls eine Ausgleichsregelung.

Davon zu unterscheiden ist die hohe Entschädigung für entgangene Gas-Gewinne, die im Juni 2009 der staatliche Gasimporteur MVM der ungarischen E.ON-Tochter gewährte (090610). Juristisch ging es hier um Regreßansprüche, die E.ON aufgrund vertraglicher Vereinbarungen geltend machte, weil MVM wegen des Ausbleibens der russischen Gastransite durch die Ukraine (090101) nicht liefern konnte.