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So stellt sich der deutsche Gasmarkt neuerdings aus Sicht der Bundesnetzagentur
dar. Die EWE-Fusionskontrolle war für die Behörde Anlaß,
neue Entwicklungen zu berücksichtigen und die bisherige Abgrenzung
von Teilmärkten zu verändern. Die Abkürzungen RLM und
SLP im Endkundenbereich stehen für "registrierende Leistungsmessung"
(Großverbraucher) und "Standardlastprofil" (Kleinverbraucher).
Grafik: Bundesnetzagentur
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EWE hat VNG-Mehrheit endlich in trockenen Tüchern
Sieben Jahre nach Beginn eines heftigen Machtkampfs um die Führung beim
ostdeutschen Gasverteiler VNG hat sich der Oldenburger Kommunalkonzern EWE definitiv
die Aktienmehrheit an dem Unternehmen gesichert. Wie das Bundeskartellamt am
23. Oktober mitteilte, hat es dem im März vereinbarten Handel mit der BASF-Tochter
Wintershall zugestimmt. Die EWE darf somit die bisher der Wintershall gehörenden
VNG-Aktien übernehmen und ihre Beteiligung von 47,9 auf 63,7 Prozent ausbauen.
Die Freigabe erfolgte ohne Auflagen und Bedingungen.
"Das Zusammenschlußvorhaben konnte aufgrund der positiven wettbewerblichen
Entwicklungen im Gasbereich freigegeben werden", erklärte der Kartellamtspräsident
Andreas Mundt. "Angesichts der neueren Entwicklungen im Gasbereich sind
die Märkte auf der Großhandelsstufe zusammengewachsen und dort bundesweit
abzugrenzen. Lediglich der Markt für Haushaltskunden in der sogenannten
Grundversorgung ist noch lokal bzw. regional abzugrenzen."
"Marktmacht hat sich auf ausländische Gasproduzenten
verschoben"
Wie die Behörde weiter mitteilte, war das EWE-Fusionskontrollverfahren
Anlaß zu intensiven Ermittlungen und zur Berücksichtigung neuer Entwicklungen
auf den Gasmärkten. Dabei habe sich herausgestellt, daß die zum Teil
jahrzehntelange Abgrenzung der Gasmärkte geändert werden müsse.
Insgesamt sei das Amt zu folgenden Korrekturen gelangt:
- Allgemein hat sich die Marktmacht von den deutschen Ferngasgesellschaften vor
allem zu den ausländischen Gasproduzenten, insbesondere Gazprom und Statoil,
verschoben. Diese sind auch immer mehr als Händler auf den nachgelagerten
Stufen tätig.
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Die bisherige Unterscheidung zwischen der Belieferung überregionaler
Ferngasgesellschaften (1. Stufe) und regionaler Ferngasunternehmen (2. Stufe)
wird daher aufgegeben. Beide Marktstufen werden sachlich zu einer einheitlichen
Gasgroßhandelsstufe (für H-Gas und L-Gas) einschließlich der
Händler zusammengefasst. Räumlich wird der Großhandelsmarkt
für Erdgas bundesweit abgegrenzt und nicht mehr netzbezogen oder marktgebietsbezogen.
Das gilt auch für den nachgelagerten Markt der Belieferung von regionalen
und lokalen Weiterverteilern, insbesondere Stadtwerken.
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Auf den Endkundenmärkten unterscheidet das Bundeskartellamt zwischen
einem Markt für die Belieferung von leistungsgemessenen Letztverbrauchern
(insbesondere Industriekunden) und Standardlastprofilkunden (Haushaltskunden).
Der Markt für die Belieferung von Industriekunden wird nunmehr auch bundesweit
und nicht mehr netzbezogen oder marktgebietsbezogen abgegrenzt.
- Bei der Belieferung von Haushaltskunden differenziert das Bundeskartellamt
nunmehr – in Übertragung der Praxis im Strombereich – sachlich
zwischen Grundversorgungskunden und Sondervertragskunden. Es begründet
dies mit unterschiedlichen Preisen, Wechselverhalten und Anbieterstruktur.
Wegen der positiven wettbewerblichen Entwicklungen werden die Märkte
für Sondervertragskunden bundesweit abgegrenzt. Dagegen bleibt es bei
den Grundversorgungskunden räumlich bei der netzbezogenen Abgrenzung,
bei der jeder Grundversorger in seinem Gebiet dann ein Monopol hat.
EWE sucht "partnerschaftlichen Dialog" mit übrigen VNG-Aktionären
Die VNG-Hauptversammlung hatte den Verkauf des Wintershall-Aktienpakets an
EWE im April nicht nur mehrheitlich, sondern einstimmig gebilligt. Dennoch wird
der neue Mehrheitseigentümer nicht einfach durchregieren können. Zehn
ostdeutsche Kommunen verfügten weiterhin über 25,79 Prozent und damit
über eine Sperrminorität. Die restlichen 10,52 Prozent hält die
russische Gazprom, die gemeinsam mit Kommunen und Wintershall über viele
Jahre hinweg den Mehrheitserwerb durch EWE blockiert hatte (siehe Links
und Hintergrund).
"Wir freuen uns über den erfolgreichen Abschluß der Transaktion
und sind weiterhin daran interessiert, VNG in einem partnerschaftlichen Dialog
mit allen Beteiligten weiterzuentwickeln", erklärte EWE-Finanzvorstand
Heiko Sanders, der seit Juni anstelle von Wintershall-Chef Rainer Seele dem
Aufsichtsrat der VNG vorsitzt. Voraussetzung sei jedoch, daß ein gemeinsames
Verständnis zur strategischen Ausrichtung der VNG zwischen den Aktionären
und in den Gremien der VNG etabliert werden könne. Dazu führe man
offene Gespräche.
Vom Umsatz her ist VNG noch größer als EWE
Die EWE AG ist eines der wichtigsten deutschen Energieversorgungsunternehmen
in der "zweiten Liga" hinter den vier großen Energiekonzernen
E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW. Sie ist vor allem in der Region Ems/Weser/Elbe,
in Ostbrandenburg und auf Rügen in der Strom-, Gas- und Wasserversorgung
tätig. Sie ist der größte deutsche Gasverteilnetzbetreiber und
hat die meisten Gashaushaltskunden. Im vergangenen Jahr erzielte sie einen Umsatz
von 8,9 Milliarden Euro, der zu mehr als 90 Prozent auf Deutschland entfiel.
Die VNG ist das flächendeckende Ferngasunternehmen in den neuen Bundesländern.
Im vergangenen Jahr erzielte sie einen Umsatz von 11 Milliarden Euro, der zu
mehr als 80 Prozent auf Deutschland entfiel. Hauptaktivitäten sind Import,
Handel, Transport und Speicherung von Erdgas. Über ihre Tochtergesellschaft
ONTRAS betreibt sie das Gasfernleitungsnetz in den ostdeutschen Bundesländern
mit mehr als 7.200 Kilometer Länge. Darüber hinaus ist sie in der
Erdgasförderung in Norwegen und in Dänemark sowie in weiteren fünf
europäischen Ländern tätig. Seit 2013 gehört ihr außerdem
der Gasvertrieb "Goldgas".
Links (intern)
- EWE erlangt nun doch die Mehrheit am ostdeutschen Gasverteiler VNG (140301)
- EWE will von EnBW 500 Millionen Euro Schadensersatz (130508)
- EWE scheitert mit Zwangsverkauf ihrer VNG-Anteile an EnBW (111205)
- Streit statt Partnerschaft: EnBW will VNG-Anteile von EWE nicht mehr übernehmen
(111105)
- EnBW droht mit russischer Mehrheitsbeteiligung an VNG (110702)
- EnBW will nun doch bei VNG einsteigen (110408)
- Kommunen kündigten EWE den Konsortialvertrag zu Recht (100415)
- Dresden übernimmt die Geso und erlangt wieder die Mehrheit an seinen
Stadtwerken (100310)
- Dresden verhandelt mit EnBW über die Geso (100110)
- EnBW will sich jetzt mit VNG-Aktionären arrangieren – Krach im
Vorstand? (091216)
- EnBW tut sich schwer mit dem Einstieg bei VNG (090901)
- EnBW ist jetzt Großaktionär bei EWE und wird wohl auf die Geso
verzichten müssen (090705)
- EWE will sämtliche VNG-Aktien dem neuen Partner EnBW überlassen
(090504)
- EWE verzichtet auf den Anteil von Jena, aber nicht auf die VNG (090109)
- Bundeskartellamt hat Bedenken gegen EnBW-Beteiligung an EWE (081208)
- Stadtwerke Jena können ihren VNG-Anteil vorerst nicht an EWE verkaufen
(081107)
- EnBW erwirbt strategische Beteiligung an EWE (080701)
- Machtkampf um VNG beschäftigt den Bundestag (080502)
- EWE eröffnet neue Runde im Machtkampf um VNG (080409)
- EWE weist VNG nur noch als Beteiligung aus (070808)
- Machtkampf bei VNG: Brinker als Vorsitzender des Aufsichtsrats abgewählt
(070504)
- EWE übernimmt Führung bei VNG Verbundnetz Gas (031208)
- Hintergrund: Der Streit um die ostdeutsche Gasversorgung
(August 2008)