Mai 2016

160510

ENERGIE-CHRONIK


Verfassungsgerichtshof bestätigt bayerische Abstandsregelung für Windkraftanlagen

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof bestätigte am 9. Mai die landesrechtliche Vorschrift, daß Windkraftanlagen einen Mindestabstand zu Wohngebäuden einhalten müssen, der zehnmal so groß wie die Höhe der Anlagen ist. Eine entsprechende Änderung der Bayerischen Bauordnung (BayBO) war am 12. November 2014 vom Landtag beschlossen worden. Zuvor hatte der Bundestag dem Baugesetzbuch eine Klausel eingefügt, die es den Bundesländern bis 31. Dezember 2015 erlaubte, spezifische Regelungen für Mindestabstände zwischen Windenergieanlagen und Wohnnutzungen festzulegen. Beide Gesetzesänderungen erfolgten auf Wunsch der CSU bzw. des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (140609). Bayern blieb das einzige Bundesland, das die befristete Öffnungsklausel nutzte, um eine eigene Mindestabstand-Regelung einzuführen.

Eine 200 Meter hohe Anlage muß mindestens 2000 Meter von Wohngebäuden entfernt sein

Geklagt hatten die oppositionellen Landtagsfraktionen von SPD, Grünen und Freien Wählern sowie der frühere Bundestagsabgeordnete und energiepolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Hans-Josef Fell. Aus ihrer Sicht hat der bayerische Landtag den Spielraum überdehnt, den die befristete Änderung des Bundesbaugesetzes einräumte. Sie machten geltend, daß eine Gesamthöhe von etwa 200 Meter (Nabenhöhe plus Rotor-Radius) heute bei Windkraftanlagen Stand der Technik sei. Aufgrund der beschlossenen Regelung ergebe sich so ein Mindestabstand von 2.000 Meter zu Wohngebäuden. Die für Windkraftanlagen zur Verfügung stehende Fläche verringere sich dadurch auf 0,05 Prozent der Gesamtfläche Bayerns. Berücksichtige man außerdem, daß nicht alle Flächen ausreichend windhöffig seien oder öffentliche Belange einer Windkraftanlage entgegenstünden, stünden sogar nur noch ca. 0,01 Prozent der Landesfläche zur Verfügung. Diese nahezu vollständige Entprivilegierung von Windkraftanlagen werde von der Öffnungsklausel in § 249 Abs. 3 des Baugesetzbuches nicht gedeckt.

Bundesrechtlich zulässiger Gestaltungsrahmen wurde nicht überschritten

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof folgte dieser Argumentation nur insoweit, als die vom Bundestag beschlossene Öffnungsklausel dem Landesgesetzgeber tatsächlich keine unbegrenzte Freiheit zur Festlegung von Mindestabständen gewähre. Die bundesrechtliche Grundentscheidung für eine Privilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich (960612) dürfe durch eine landesrechtliche Abstandsregelung weder rechtlich noch faktisch ausgehebelt werden. Die durch den bayerischen Landesgesetzgeber normierte Festlegung des Mindestabstands auf die 10-fache Anlagenhöhe überschreite den bundesrechtlich eröffneten Gestaltungsrahmen aber nicht. Der räumliche Anwendungsbereich für den Privilegierungstatbestand werde damit zwar erheblich eingeschränkt, jedoch nicht beseitigt. Grundrechte der Bayerischen Verfassung würden hierdurch ebenfalls nicht verletzt.

Gericht bezweifelt auch Berechnungen der Kläger

Selbst im ungünstigsten Fall – wenn alle Windkraftanlagen 200 Meter hoch wären und deshalb zwei Kilometer Abstand zu Wohngebäuden einzuhalten hätten – blieben nach Auffassung des Gerichts noch immer 1,7 Prozent der Landesfläche übrig, also 34-mal soviel, wie die Kläger errechnet hatten. Diese verbleibende Fläche falle noch umso größer aus, je niedriger die Windkraftanlage ist. Nach einer Untersuchung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung kämen beispielsweise rund vier Prozent der Landesfläche für die Errichtung von Windkraftanlagen in Betracht, wenn man eine Höhe von 150 Meter und damit einen Abstand von 1.500 Meter zu geschützten Wohngebäuden zugrunde legt.

 

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