Mai 2023

230510

ENERGIE-CHRONIK


Schröder verliert Prozess um Streichung seines Altkanzler-Büros

Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat mit der Klage gegen die Streichung seines Altkanzler-Büros, die er im August vorigen Jahres beim Verwaltungsgericht Berlin einreichte (220802), am 4. Mai in erster Instanz Schiffbruch erlitten. Der im September 2005 abgewählte Politiker, der anschließend von seinem Freund Putin hochdotierte Posten in russischen Staatsunternehmen zugeschanzt bekam und sich als Kreml-Lobbyist betätigte, verfügte in einem Gebäude des Bundestags noch immer über ein großzügiges Altkanzler-Büro mit einem halben Dutzend Räumen und etlichen Mitarbeitern. Das änderte sich nach dem russischen Überfall auf die Ukraine: Es fing damit an, dass das vom Kanzleramt gestellte Personal nicht mehr für den Putin-Freund arbeiten wollte und um Versetzung bat. Wenig später beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestags die Streichung des gesamten Büros, weil Schröder keine "nachwirkenden Dienstpflichten" mehr wahrnehme (220507). Die von Schröder angestrengte Klage wies das Verwaltungsgericht nun schon deshalb zurück, weil die strittigen Räumlichkeiten von der SPD-Bundestagsfraktion zur Verfügung gestellt wurden und die Bundesregierung somit die "falsche Beklagte" sei. Außerdem lasse sich der geltend gemachte Anspruch auf weitere Überlassung des Büros samt Mitarbeitern weder aus Gewohnheitsrecht noch aus dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ableiten. Schröder war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend. Er könnte jetzt noch Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einlegen.

Aus einem befristeten Trostpflaster für Ludwig Erhard wurde bald eine lebenslange Gratifikation

Im Laufe der Verhandlung stellte sich heraus, dass die üppige Versorgung ehemaliger Bundeskanzler mit Büroräumen, Personal und anderen Privilegien auf insgesamt ziemlich undurchsichtigen und fragwürdigen Regelungen beruht. Erfunden wurde das Altkanzler-Büro von der Großen Koalition aus Union und SPD, die Ende 1966 unter Kurt Georg Kiesinger (CDU) zustande kam. Erster Nutznießer der im April 1967 beschlossenen Regelung war Ludwig Erhard, der im Oktober 1963 als zweiter Bundeskanzler die Nachfolge des greisen Konrad Adenauer angetreten hatte. Das Altkanzler-Büro war vermutlich als Trostpflaster gedacht, da Erhard nach nur drei Jahren Amtszeit bei allen Bundestagsfraktionen die Unterstützung verloren hatte und zum Rücktritt genötigt worden war (siehe Geschichte der FDP). Als nächste Ex-Kanzler profitierten Kiesinger und Willy Brandt von der neugeschaffenen Regelung. Die ursprünglich geplante Befristung auf drei Jahre ging dabei irgendwann verloren und wurde zu einer unbefristeten Leistung auf Lebenszeit. Für Helmut Schmidt und Helmut Kohl wurden einige Mitarbeiter sogar noch nach deren Ableben bezahlt. Außerdem gab es weitere Privilegien wie die Bereitstellung eines Chauffeurs. Das Bundeskanzleramt führte dabei zwar die Aufsicht und bezahlte das Personal, die Räume stellten aber die jeweils zuständigen Fraktionen von Union und SPD. Die Vergabe von Dienstwagen war wiederum Sache des Innenministeriums. Die Kosten trug aber immer der Steuerzahler. Für Schröders Büro sollen das jährlich 400.000 Euro gewesen sein. Für das neue Büro der Ex-Kanzlerin Angela Merkel werden die Aufwendungen sogar auf 800.000 Euro geschätzt.

Schröder kann keinen gesetzlich verankerten Anspruch geltend machen

Verbindliche Vorschriften zur Gewährung dieser üppigen Alimentierung gab und gibt es nicht, ebenso keine Festlegung von Gegenleistungen, die von den Alt-Kanzlern zu erbringen sind oder zumindest erwartet werden. Schröder konnte sich deshalb auch nicht auf einen gesetzlich verankerten Anspruch berufen, als ihm der Haushaltsausschuss des Bundestags am 19. Mai 2022 das Büro mit der Begründung strich, dass er keine "nachwirkenden Dienstpflichten" mehr wahrnehme. Der eigentliche Grund war natürlich, dass der unerschütterliche Putin-Spezi einen Diktator und Kriegsverbrecher unterstützt, der eine auf die größtmögliche Schädigung der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Politik betreibt. Wer wollte, konnte das vage Gerede von den nicht mehr vorhandenen "nachwirkenden Dienstpflichten" durchaus auch so verstehen, dass Schröder seinen als Bundeskanzler geleisteten Amtseid nachwirkend grob verletzt hat. Aber genau diesen Klartext wollte man vermeiden. Schröders Anwälte argumentierten deshalb ebenfalls nur formaljuristisch, dass alle Ex-Bundeskanzler ihre Büros auf Lebenszeit erhalten hätten, ohne dass dies mit nachwirkenden Dienstpflichten verknüpft worden sei. Außerdem erfülle ihr Mandant noch immer Verpflichtungen aus seinem vor 17 Jahren verlorenen Amt. Im übrigen ergebe sich Schröders Anspruch auf das lebenslange Büro aus dem Gewohnheitsrecht einer seit 1967 üblichen Praxis sowie aus dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes.

Berufung auf Gewohnheitsrecht und Gleichbehandlung trägt nicht

In seiner Pressemitteilung ließ das Verwaltungsgericht erkennen, dass diese Argumentation auch bei richtiger Adressierung der Klage keine Aussichten auf Erfolg gehabt hätte: Ein Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz bestehe nicht, weil den Bundeskanzlern a.D. mit der Einrichtung der Büros keine Begünstigung gewährt werde. Die Büros seien Organisationseinheiten im Geschäftsbereich des Bundeskanzleramts. Sie würden ausschließlich im öffentlichen Interesse zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben eingerichtet und ausgestattet. Auch wenn die Bundeskanzler a.D. durch die Nutzung dieser Ressourcen einen faktischen Vorteil hätten, handele es sich dabei um einen "bloßen Rechtsreflex", dem das für Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes erforderliche rechtlich geschützte Interesse fehle.

Auf Gewohnheitsrecht könne sich Schröder ebenfalls nicht berufen: Es gebe zwar seit über fünfzig Jahren "eine einheitliche und dauernde Übung, nach der Bundeskanzler a.D. ein Büro mit Stellenausstattung auf Lebenszeit erhalten, wobei Umfang und Wertigkeit der Stellen variierten". Es fehle indessen "an der erforderlichen Überzeugung der Beteiligten, dass die Bundeskanzler a.D. einen entsprechenden Anspruch haben". Gegen die Herausbildung einer solchen Überzeugung spreche auch, dass andernfalls die verfassungsrechtlich garantierte Budgethoheit des Bundestages verletzt würde.

Bundesschiedskommission der SPD wies Anträge auf Parteiausschluss endgültig zurück

Am 15. Mai konnte Schröder ersatzweise einen endgültigen Erfolg im dem seit 2022 laufenden Parteiausschlussverfahren verbuchen, das 17 SPD-Gliederungen gegen ihn angestrengt hatten: Die Bundessschiedskommission der SPD in Berlin teilte mit, dass sie die Berufung gegen die ablehnenden Beschlüsse der Schiedskommissionen des SPD-Unterbezirks Hannover vom August 2022 (220802) sowie des Bezirks Hannover vom März 2023 (230310) aus formellen Gründen als unzulässig zurückgewiesen habe. Diese Zurückweisung war allerdings vorhersehbar, da die von zwei Ortsvereinen eingelegte Berufung nach den SPD-Regularien nur zulässig gewesen wäre, wenn eine in erster Instanz verhängte Sanktion gegen Schröder in der zweiten Instanz aufgehoben oder abgeschwächt worden wäre. Unabhängig davon gilt weiterhin die von der SPD-Spitze ausgegebene Sprachregelung, dass Schröder innerhalb der Partei "isoliert" sei.

Schröder, Krenz, Chrupalla und andere Putin-Freunde feiern gemeinsam in der russischen Botschaft

Am 9. Mai gehörte Schröder mit seiner fünften Gattin Soyeon Schröder-Kim zu den Gästen eines Empfangs, zu dem die russische Botschaft in Berlin eingeladen hatte, um den Sieg der Sowjetunion über Hitler-Deutschland zu feiern, der vor 78 Jahren mit der Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde im sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst besiegelt wurde (es gab im Mai 1945 mehrere solcher Kapitulationserklärungen gegenüber den Alliierten, die an verschiedenen Orten unterzeichnet wurden). Weitere Teilnehmer waren der frühere SED-Generalsekretär Egon Krenz, die AfD-Politiker Alexander Gauland und Tino Chrupalla sowie der frühere Linke-Vorsitzende Klaus Ernst. Der AfD-Fraktionschef Chrupalla trug eine Krawatte in den Farben der russischen Flagge und überreichte dem russischen Botschafter Netschajew eine Tasse mit preußischem Adler als Präsent.

Schröder-Kim wird von ihrem staatlichen Arbeitgeber entlassen

Für Schröders Frau hatte die Teilnahme an der bizarren Runde noch ein Nachspiel: "Frau Schröder-Kim wurde mit sofortiger Wirkung freigestellt und der Dienstleistungsvertrag wird durch NRW.GlobalBusiness fristlos beendet", teilte die landeseigene NRW-Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit. Schröder-Kim war für die Landesgesellschaft seit fast zwölf Jahren als Südkorea-Repräsentantin tätig und hatte dabei 2015 auch Schröder kennengelernt, mit dem sie seit 2018 verheiratet ist. Der staatliche Arbeitgeber hatte sie vor der Entlassung "mehrfach darauf hingewiesen, in der Öffentlichkeit bei politisch sensiblen Themen, insbesondere bezüglich des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, zurückhaltend zu sein und sich nicht zu äußern". Daran hielt sie sich freilich nicht. Zum Beispiel zeigte sie sich als "Genossin" im Internet "entsetzt" darüber, wie die SPD-Führung die Kampagne gegen ihren Mann unterstütze. Im März 2022 veröffentlichte sie anlässlich einer gemeinsamen Reise nach Moskau  auf Instagram ein Foto, das ihr viel Hohn und Spott einbrachte: In der Pose einer Madonna betete sie vor einem Hotelfenster, durch das die Türme der Basilius-Kathedrale auf dem Roten Platz zu sehen waren. Anscheinend wollte sie so signalisieren, dass ihr Mann in Friedensmission unterwegs sei, um seinen Freund Putin von der weiteren Zerstörung der Ukraine abzubringen.

 

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