| Oktober 2025 | 251001 | ENERGIE-CHRONIK | 
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| Norwegen ist infolge des russischen Eroberungskriegs gegen die Ukraine zum wichtigsten Erdgas-Lieferanten der EU geworden. Im vergangenen Jahr rangierte Russland aber mit einem Anteil von insgesamt fast19 Prozent noch immer an zweiter Stelle, gefolgt von USA, Algerien, Großbritannien, Aserbaidschan und Katar. In dieser Grafik wird bei den russischen EU-Importen zwischen Pipeline- und LNG-Lieferungen unterschieden. Deshalb sieht die Reihenfolge der Länder-Balken etwas anders aus. Wenn die jetzt vereinbarte REPowerEU-Verordnung 2026 in Kraft tritt und tatsächlich im erhofften Maße wirksam wird, gibt es ab 2028 überhaupt keine EU-Gasimporte aus Russland mehr. Für den Kreml würde das den Verlust vieler Milliarden bedeuten, mit denen er bisher seinen mörderischen Krieg in der Ukraine finanzieren kann. | 
Die EU-Staaten beschlossen am 23. Oktober ein 19. Sanktionspaket gegen Russland. Die neuen Maßnahmen konzentrieren sich auf Schlüsselbereiche wie Energie, Finanzen, militärisch-industrielle Basis oder Sonderwirtschaftszonen. Vor allem wird die Einfuhr von russischem Flüssiggas (LNG) ab 2027 verboten. Die bisherigen Ausnahmen für die Öl- und Gaseinfuhren der russischen Energiekonzerne Rosneft und Gazprom Neft werden aufgehoben. Das gilt aber nicht für Lukoil. Auf Drängen von Slowakei, Ungarn und Bulgarien darf dieser russische Ölkonzern sie weiter beliefern.
Die Liste der russischen "Schattenflotte" wird um 117 Tanker erweitert. Dabei handelt es sich um meist ältere und mitunter schrottreife Öl- und Gastanker, die Russland auf dem Weltmarkt akquiriert hat, um sie unter fremden Flaggen und Vortäuschung falscher Eigentümer für den Export von Öl und Flüssiggas einzusetzen. Die nun insgesamt 557 Schiffe auf dieser Liste dürfen in der EU keine Häfen anlaufen oder Dienstleistungen empfangen. Weitere Sanktionen richten sich gegen Unternehmen und Staaten, die beim Betrieb der Schattenflotte behilflich sind.
Wie schon beim 18. Sanktionspaket (250708) nutzte die Slowakei die erforderliche Einstimmigkeit bei der Beschlussfassung wieder aus, indem sie erst zustimmte, nachdem ihr spezielle Zusagen gemacht wurden. Neben einer Absicherung gegen höhere Energiepreise verlangte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico eine Anpassung der Klimaziele an die Bedürfnisse von Autoherstellern und Schwerindustrie seines Landes.
Am selben Tag verhängte das US-Finanzministerium Sanktionen gegen die beiden russischen Ölkonzerne Rosneft und Lukoil. Betroffenen Unternehmen wurde eine Frist bis zum 21. November eingeräumt, um ihre Geschäfte mit den beiden Ölproduzenten zu beenden. Begründet wurde diese überraschende Unterstützung des europäischen Sanktionspakets mit der Weigerung des russischen Präsidenten Putin, den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. Zuvor hatte US-Präsident Trump ein zunächst geplantes Treffen mit Putin in Budapest abgesagt, weil davon sowieso nicht viel zu erwarten sei. Demnach scheint Trump allmählich doch zu dämmern, dass ihn Putin, um dessen Gunst er so beharrlich geworben hat, doch nur wie einen geistig beschränkten Egomanen behandelt. Wie lange ein Sanktionsbeschluss Bestand hat, der auf gekränkter Eitelkeit basiert, wird man abwarten müssen.
Zusätzliche Wirkung könnten die US-Sanktionen vor allem dadurch entfalten, dass auch Indien unter US-amerikanischem Druck seine Öleinfuhren aus Russland senkt. Neben China ist es der Hauptabnehmer von russischem Öl. Trump warf ihm deshalb vor, Russlands Kriegskasse zu füllen. Als Strafmaßnahme verdoppelte er den US-Zoll für Produkte aus Indien von 25 auf 50 Prozent. Am 21. Oktober ließ er nach einem Gespräch mit dem indischen Regierungschef Modi wissen, dass dieser eine Senkung der Importe zugesagt habe. Ob und wieweit das tatsächlich zutrifft, wird sich – wie bei allem, was Trump so von sich gibt – erst noch herausstellen müssen.
Am 20. Oktober verständigten sich die EU-Energieminister in Luxemburg auf den Vorschlag für eine Verordnung, die ein rechtsverbindliches, schrittweises Verbot der Einfuhren sowohl von Pipeline-Gas als auch von Flüssigerdgas (LNG) aus Russland einführt. Im Unterschied zu dem drei Tage später vom Rat beschlossenen 19. Sanktionspaket soll dieses vollständige Verbot auch für LNG erst ab dem 1. Januar 2028 gelten. Laut Pressemitteilung des Rats wird damit "ein ehrgeiziges Signal gesendet, den Ausstieg zu verwirklichen". Die geplante Verordnung werde ein zentrales Element des "REPowerEU"-Fahrplans zur Beendigung der Abhängigkeit von russischer Energie sein, den die EU-Kommission im Mai dieses Jahres beschloss. Bereits im März 2022 hatte sie einen ersten Entwurf vorgelegt, der vorsah, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus Russland bis 2027 zu beenden (220303).
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Wenn das Einfuhrverbot für russisches Gas ab dem 1. Januar 2026 in Kraft tritt , gilt für bestehende Verträge ein Übergangszeitraum. Insbesondere können kurzfristige Verträge, die vor dem 17. Juni 2025 geschlossen wurden, bis zum 17. Juni 2026 fortgesetzt werden. Langfristige Verträge können bis zum 1. Januar 2028 weiterlaufen. Änderungen an bestehenden Verträgen sind nur für eng definierte operative Zwecke zulässig und dürfen nicht zu einer Steigerung der Mengen führen. Davon ausgenommen sind einige spezifische Flexibilitätsregelungen für Binnenmitgliedstaaten, die von den jüngsten Änderungen der Versorgungsrouten betroffen sind.
Im Vergleich zum Vorschlag der Kommission hat der Rat die Zollverpflichtungen für Einfuhren von nichtrussischem Gas erleichtert. In solchen Fällen muss den Genehmigungsbehörden vor der Einfuhr von Gas in das Zollgebiet der EU nur der Nachweis des Landes der Erzeugung vorgelegt werden. Während der Übergangsphase müssen nähere Informationen zu Gaseinfuhren aus Russland vorgelegt werden (einschließlich des Datums und der Laufzeit des Liefervertrags, der vertraglich vereinbarten Mengen und etwaiger Vertragsänderungen).
Um sicherzustellen, dass das Verbot in der Praxis funktioniert, müssen für russisches Gas und für Einfuhren, die in den Übergangszeitraum fallen, die für die vorherige Genehmigung erforderlichen Informationen mindestens einen Monat vor der Einfuhr vorgelegt werden. Für nichtrussisches Gas muss der Nachweis mindestens fünf Tage vor der Einfuhr erbracht werden. Im Falle gemischter LNG-Ladungen müssen die Unterlagen den jeweiligen Anteil von russischem und nichtrussischem Gas an der Mischung belegen, wobei nur die nichtrussischen Mengen in die EU eingeführt werden dürfen.
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Um den Verwaltungsaufwand zu verringern, sind die Mitgliedstaaten übereingekommen, dass dieses Verfahren zur vorherigen Genehmigung nicht für Einfuhren aus Ländern gilt, die eine Liste von Kriterien der vorgeschlagenen Verordnung erfüllen. Dadurch wird sichergestellt, dass nur die Einfuhren, die für die Kontrolle am relevantesten sind, einer vorherigen Genehmigung unterliegen. Gemäß dem vereinbarten Text beauftragt der Rat die Kommission, die Liste der ausgenommenen Länder innerhalb von fünf Tagen nach Inkrafttreten der Verordnung zu erstellen. Darüber hinaus wurden zusätzliche Überwachungs- und Meldemechanismen eingeführt, um zu verhindern, dass russisches Gas im Rahmen von Versandverfahren in die EU gelangt (d. h. solches Gas, das die EU auf dem Weg zu einem anderen Bestimmungsort durchquert, ohne auf den EU-Markt zu gelangen).
Gemäß der vorgeschlagenen Verordnung müssen alle Mitgliedstaaten nationale Diversifizierungspläne vorlegen, in denen Maßnahmen und potenzielle Herausforderungen für die Diversifizierung ihrer Gasversorgung dargelegt werden. Der Rat hat zugestimmt, Mitgliedstaaten, die nachweisen können, dass sie keine direkten oder indirekten Einfuhren von russischem Gas mehr erhalten, von dieser Anforderung auszunehmen. Die Anforderung zur Vorlage eines nationalen Diversifizierungsplans gilt für die Mitgliedstaaten, die noch russisches Öl einführen, damit diese Einfuhren bis zum 1. Januar 2028 eingestellt werden können.
Der Ratsvorsitz wird Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament aufnehmen, sobald dieses seinen Standpunkt festgelegt hat, um eine Einigung über den endgültigen Wortlaut der Verordnung zu erzielen.