Februar 2003 |
030209 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die E.ON Energie AG und die Stadtwerke Bielefeld unterzeichneten am 19. Februar eine Reihe von Verträgen über ihre künftige Zusammenarbeit in der Stromerzeugung und Entsorgung. Die wesentlichsten Punkte betreffen die Eingliederung der beiden "Interargem"-Kraftwerke Weser (Steinkohle) und Grohnde (Kernkraft) in den Verbund der E.ON Energie und die Einbringung der Bielefelder Entsorgungsaktivitäten in eine gemeinsame Gesellschaft mit dem noch zu gründenden ostwestfälischen E.ON-Regionalversorger "Epos" (021106).
Die Stadtwerke Bielefeld GmbH sind bisher am Gemeinschaftskraftwerk Weser (780 MW) zu einem Drittel beteiligt und haben Anspruch auf 26 Prozent der Stromerzeugung. Die Gemeinschaftskraftwerk Weser GmbH besitzt ihrerseits die Hälfte am Gemeinschaftskernkraftwerk Grohnde (1360 MW). Die andere Hälfte gehört der E.ON Kernkraft GmbH. Im Jahr 2001 bezogen die Stadtwerke Bielefeld aus Grohnde 1367 Millionen Kilowattstunden bzw. 12,5 Prozent der Gesamterzeugung des Kernkraftwerks.
Wie es in der gemeinsamen Pressemitteilung vom 19. Februar heißt, bleiben die Stadtwerke Bielefeld an beiden Kraftwerken beteiligt. Damit sei bis 2018 (Laufzeit des Kernkraftwerks Grohnde) die Bielefelder Eigenständigkeit in der Stromversorgung und der Bezug von Strom zu günstigen Preisen gewährleistet.
Die Stadtwerke Bielefeld gehören zu 49,9 Prozent der Bremer swb AG (001211), die ihrerseits eine 51-prozentige Tochter des niederländischen Energiekonzerns Essent ist (000606). Weitere Anteile an der swb AG halten derzeit noch E.ON (24,1 Prozent) und Ruhrgas (11,3 Prozent). Zu den Auflagen der Ministererlaubnis für die Fusion von E.ON und Ruhrgas gehört, daß sowohl E.ON (020701) als auch Ruhrgas (020901) ihre Anteile an swb verkaufen müssen.
Die Kraftwerke Grohnde und Weser dienten der Stromversorgung der "Interargem", einer 1952 gegründeten Interessen- und Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Unternehmen Elektrizitätswerk Minden-Ravensberg (EMR), Elektrizitätswerk Wesertal und Stadtwerke Bielefeld. Als erstes Kraftwerk baute die Interargem 1959 das Gemeinschaftskraftwerk Weser. Seit 1962 gab es eine gemeinsame Lastverteilung. Später errichtete die Gemeinschaftskraftwerk Weser GmbH gemeinsam mit PreussenElektra den Reaktor Grohnde, der ab 1985 ins Netz einspeiste.
Schon Mitte der sechziger Jahre erwogen die drei "Interargem"-Partner eine noch stärkere Kooperation. Anfang der siebziger Jahre planten EMR und Wesertal sogar eine Fusion, die es ihnen erlaubt hätte, sich als großer Regionalversorger direkt hinter den Verbundunternehmen zu plazieren. Erneut tauchten solche Pläne im Sommer 1998 auf, als die Liberalisierung in Kraft getreten war. Ende 1999 wurde Wesertal jedoch von Fortum übernommen (990906). Die anderen beiden Partner der "Interargem" wurden von PreussenElektra, Fortum und RWE Energie umworben, um sie in neue Allianzen einzubringen (000111, 000408). Ende 2000 erwarb der PreussenElektra-Nachfolger E.ON Energie eine strategische Beteiligung an EMR (001210), um den Regionalversorger mit der Paderborner Pesag und den Stadtwerken Bielefeld zusammenzuführen. Der Einstieg des niederländischen Konkurrenten Essent in Bielefeld (001211) und Gütersloh (010606) durchkreuzte dieses Konzept. Infolge des Rückzugs von Fortum aus dem deutschen Markt konnte E.ON aber den Regionalversorger Wesertal erwerben (020401) und zusammen mit EMR und Pesag in einen neuen Regionalversorger mit dem Arbeitstitel "Epos" einbringen (021106). Als Bündnis kommunaler Stromversorger war die "Interargem" damit endgültig obsolet geworden. Die Eingliederung ihrer beiden Kraftwerke in den Verbund der E.ON Energie ist eine Konsequenz der neuen Besitzverhältnisse.