Oktober 2007

071012

ENERGIE-CHRONIK


Yello bietet nun auch Gas an und will die Kunden mit "Sparzählern" locken

Die Stromvertriebsgesellschaft "Yello" bietet seit 31. Oktober auch Gas an. Das Angebot ist zunächst auf Essen und Nürnberg beschränkt. Mit deutlich geringeren Preisen dürfen die Kunden allerdings so wenig rechen wie beim Strom, wo die EnBW-Tochter oft sogar teurer als die örtlichen Anbieter ist. Stattdessen wirbt Yello mit einem neuartigen Zähler, der es in Verbindung mit dem neuen Tarif den Kunden ermöglichen soll, ihren Gasverbrauch besser zu kontrollieren und der deshalb als "Sparzähler" angepriesen wird.

Einen ähnlichen "Sparzähler" für Strom will Yello im Sommer 2008 versuchsweise einem Kreis von 1000 Kunden anbieten. Sowohl die Strom- als auch die Gaskunden müssen dabei über einen DSL-Pauschalzugang verfügen und Eigentümer ihrer Wohnung sein, da die Daten des Zählers über das Internet an den Stromvertrieb übertragen und dort ausgewertet werden sollen. Den Kunden soll die Sache dadurch schmackhaft gemacht werden, daß sie per Internet ebenfalls auf die Daten ihres "Sparzählers" zugreifen können.

Yello könnte so durch die Installierung eigener Zähler bei den Kunden erhebliche Kosten sparen, zumal der Kunde die Übertragung bezahlt. Zugleich könnte Yello einen neuen Geschäftszweig als Betreiber von Meßeinrichtungen aufbauen, da nach § 21 b EnWG neuerdings der Einbau, der Betrieb und die Wartung von Meßeinrichtungen "auf Wunsch des betroffenen Anschlußnehmers von einem Dritten durchgeführt werden" kann. Dieses Geschäft bliebe Yello auch dann erhalten, wenn der Kunde wieder zu einem anderen Stromanbieter wechselt.

Gasversorgung wird teurer statt billiger

Auch das jetzige Yello-Gasangebot für Essen und Nürnberg gilt nur für Eigenheimbesitzer oder Wohnungseigentümer mit eigenem Gaszähler in der Wohnung. Legt man für ein Reihenhaus einen Jahresverbrauch von 20.000 kWh zugrunde, so muß ein Kunde in Nürnberg derzeit im günstigsten Tarif ("smart") des örtlichen Versorgers N-Ergie 1240,93 Euro bezahlen. Bei Yello wären es 1458,24 Euro, also 217 Euro mehr. Davon entfallen 1086 Euro auf den Verbrauchspreis (5,43 Cent/kWh), 155,64 Euro auf den Grundpreis (12,97 Euro monatlich) und 117,60 Euro auf die zusätzlich erhobene Zählergebühr, die als "Sparzähler-Paket" auf der Rechnung auftaucht (9,80 Euro monatlich). Inbegriffen ist ferner ein einmaliger Betrag von 99 Euro für die Installierung des Zählers.

Wesentlich günstiger als Yello ist im genannten Fall auch die E.ON-Tochter "e wie einfach" mit 1265,12 Euro. Etwas teurer bleibt Yello sogar beim Vergleich mit dem neuen Grundversorgungs-Tarif der N-Ergie, der ab 2008 von bisher 1312,33 auf 1444,44 Euro steigt. Die günstigeren "Smart"-Tarife für Gas und Strom, die ursprünglich nur noch bis Jahrensende gelten sollten, hat N-Ergie am 26. Oktober mit Blick auf die beiden Konkurrenten "e wie einfach" und Yello vorsorglich um ein Vierteljahr verlängert.

Yello ist schon lange kein Angstgegner mehr

Bemerkenswert günstig war der 1999 gestartete Stromanbieter nur anfangs, als die Energie Baden-Württemberg den anderen Stromversorgern mit bundesweit einheitlichen Tiefpreisen Marktanteile abzujagen versuchte. Vor allem für die Stadtwerke wurde Yello zu einem Angstgegner (000117), während die anderen Stromkonzerne mit eigenen Billigstrom-Angeboten dagegenhielten. Die überhöhten Netznutzungsentgelte durchkreuzten jedoch die Strategie der EnBW und bescherten ihr bis 2002 Verluste in Höhe von 700 Millionen Euro (040306). Jeder neue Kunde vermehrte nur das Defizit, statt es zu verringern. Das Mutterunternehmen zog deshalb 2003 bei 900.000 Kunden die Notbremse und stellte die Yello-Preise auf ein neues System um, das nach Postleitzahlen differenzierte und die Preise der örtlichen Versorger in der Regel nur noch knapp unterbot (030309). Seitdem dürfte Yello seinen Kundenzuwachs mehr der aufwendig-vollmundigen Werbung als einem nüchternen Vergleich mit anderen konkurrierenden Stromanbietern zu verdanken gehabt haben.

Yello beziffert die Zahl seiner Kunden inzwischen mit 1,3 Millionen und bietet seit September 2007 auch in Schweden an. Nach Angaben des Geschäftsführers Peter Vest schreibt die ehemals hoch defizitäre EnBW-Tochter seit 2004 schwarze Zahlen. Die zeitweilig erwogene Liquidierung des Unternehmens (030806) dürfte damit kein Thema mehr sein, zumal die Koppelung des Stromvertriebs mit der Zählerablesung eine interessante Perspektive verspricht. Welche Einspar- und Gewinnmöglichkeiten es bei den Zählerkosten gibt, hat der Streit zwischen Bundeskartellamt und RWE gezeigt (040105). Neben Strom und Gas bietet Yello einen Telefontarif für Festnetz-Kunden an. Vom Internet-Zugang (000917) hat man sich inzwischen wieder verabschiedet.

E.ON und RWE kopierten das Postleitzahlen-Konzept für ihre Internet-Angebote

Das Konzept des jeweils knappen Unterbietens der örtlichen Preise haben inzwischen E.ON mit "e wie einfach" (070201) und RWE mit "eprimo" (070116) übernommen. Auch bei diesen bundesweiten Internet-Offerten wird dem Kunden je nach Postleitzahl ein unterschiedlicher Preis für Strom und Gas genannt. "e wie einfach" wirbt sogar ausdrücklich damit, immer um einen Cent unter dem Tarif der jeweiligen örtlichen Grundversorgung zu liegen. Um wirklich alternative Anbieter handelt es sich auch hier nicht, da sie in die Konzernstrategien eingebunden sind, die eine Hochpreispolitik verfolgen. Sie könnten es aber den Mutterkonzernen ermöglichen, schnell zu reagieren, um alternative Anbieter aus dem Feld zu schlagen, falls die Kunden eines Tages tatsächlich in Scharen davonlaufen sollten, wie dies vor kurzem dem Vattenfall-Konzern mit seiner unbedachten Preispolitik passiert ist (070909).