Dezember 2007

071216

ENERGIE-CHRONIK


RWE muß hohe Nachzahlung an ehemalige VEW-Aktionäre leisten

Als RWE vor sieben Jahren den VEW-Konzern übernahm, entsprach das Verhältnis der beiden Unternehmenswerte, das der Verschmelzungsvertrag mit 83,6 zu 16,4 festlegte (000510), nicht dem tatsächlichen Wert der VEW-Aktien. Wie die "Frankfurter Allgemeine" (1.12.) berichtete, ist deshalb im nächsten Jahr mit einem Gerichtsbeschluß zu rechnen, der den RWE-Konzern zu Nachzahlungen an frühere VEW-Aktionäre verpflichtet. Die Höhe dieser Nachzahlung könnte inklusive Zinsen durchaus mehr als 500 Millionen Euro erreichen.

Zum Zeitpunkt der Übernahme gehörte VEW zu 56,6 Prozent den westfälischen Kommunen und der WestLB. Größter Minderheitsaktionär war mit 20,4 Prozent der Viag-Konzern (Bayernwerk), der damals bereits die Fusion mit dem Veba-Konzern (PreussenElektra) eingeleitet hatte und deshalb auf Verlangen der Kartellbehörden die VEW-Beteiligung abgeben mußte (000511). Weitere Anteile hielten RWE (10 Prozent), Deutsche Bank und Allianz. Vier Prozent befanden sich in Streubesitz.

Nutznießer der bevorstehenden Ausgleichszahlung wären nicht nur die Aktionäre, die geklagt hatten, sondern auch andere ehemalige Anteilseigner. Allerdings soll der E.ON-Konzern als Nachfolger der Viag nach Angaben von RWE keine Ansprüche mehr haben.

Die Verschmelzung mit RWE wurde vom VEW-Aufsichtsrat ohne Wissen des Vorstands eingefädelt

Die "Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen" (VEW) entstanden zu Anfang des 20. Jahrhunderts auf Betreiben der Stadt Dortmund und anderer westfälischer Kommunen, die sich vom "Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk" (RWE) nicht vereinnahmen lassen wollten. Das Versorgungsgebiet des RWE endete seitdem im Norden nur wenige Kilometer hinter dem Firmensitz Essen. Wie RWE entwickelte sich auch VEW zu einem der deutschen Verbundunternehmen. Als die Stromlandschaft Ende der neunziger Jahre durch die "Liberalisierung" in Bewegung geriet, war keineswegs sicher, welche Allianzen der noch immer mehrheitlich kommunale Konzern eingehen würde. Nachdem der damalige VEW-Chef Fritz Ziegler (SPD) wegen Steuerhinterziehung abtreten mußte (980929), verfolgte sein Nachfolger Gert Maichel (981207) mehrere Optionen. So bewarb er sich zunächst um jene strategische Beteiligung an der Energie Baden-Württemberg, die am Ende die Electricité de France (EDF) erhielt (990418). Außerdem sondierte er die Möglichkeiten für Kooperationen mit anderen nationalen und internationalen Partnern (990615). Dazu gehörte das Projekt eines bundesweiten Zusammenschlusses von Energieversorgern aus dem kommunalen Bereich, der als dritte Kraft neben Veba/Viag (E.ON) und RWE treten sollte (990905). Unterdessen verhandelte aber hinter Maichels Rücken bereits der VEW-Aufsichtsratsvorsitzende und Dortmunder Oberbürgermeister Günter Samtlebe (SPD) mit RWE Energie-Chef Dietmar Kuhnt über die Verschmelzung mit RWE (991001). Seit Oktober 1999 konnte die Übernahme durch RWE als beschlossene Sache gelten und wurde im folgenden Jahr vollzogen (000810). Maichel war der einzige VEW-Manager, der in den sechsköpfigen Vorstand der neuen Holding RWE AG einziehen konnte (000208). Er behielt diesen Vorstandsposten, bis er ihn im Februar 2005 auf Betreiben des damaligen Konzernchefs Harry Roels niederlegen mußte (050207).

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