März 2012 |
120303 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der KKW-Betreiber E.ON kann keinen vorläufigen Rechtsschutz gegen die Kernbrennstoffsteuer beanspruchen. Dies entschied am 9. März der Bundesfinanzhof. Er annullierte damit ein Urteil des Finanzgerichts Hamburg, das auf Antrag von E.ON den Vollzug des seit Anfang 2011 geltenden Kernbrennstoffsteuergesetzes aufgehoben hatte. Ebenso hinfällig wird durch dieses Urteil ein ähnlicher Beschluß des Finanzgerichts München, der auf Antrag von RWE zustande kam. Die beiden KKW-Betreiber werden nun auch die Steuern nachzahlen müssen, die ihnen aufgrund der beiden Urteile erstattet worden sind (111001). Für den dritten KKW-Betreiber, die Energie Baden-Württemberg (EnBW), ändert sich dagegen an der aktuellen Praxis nichts, weil seine diesbezüglichen Eilanträge am 11. Januar vom Finanzgericht Baden-Württemberg abgelehnt wurden.
Die Finanzgerichte Hamburg und München hatten die Aussetzung der Steuer mit Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes begründet. Sie folgten damit der Argumentation der KKW-Betreiber, daß dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für die Steuer gefehlt habe. Der Bundesfinanzhof nimmt in seiner jetzigen Entscheidung zu dieser Frage keine Stellung. Er stellt aber klar, daß das Gesetz formell ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Ob es verfassungswidrig sei, könne nur durch das Bundesverfassungsgericht entschieden werden. Solange diese Entscheidung ausstehe, müsse dem Geltungsanspruch des Gesetzes grundsätzlich der Vorrang vor den Interessen der Kernkraftwerksbetreiber eingeräumt werden.
Im Einzelfall könne dieser Vorrang des geltenden Gesetzes nur dann durchbrochen und die Vollziehung aufgehoben werden, wenn der Betroffene seine wirtschaftliche Lage im Einzelnen vorträgt und glaubhaft macht, daß der Vollzug für ihn eine "unbillige Härte" bedeuten würde. Im konkreten Fall müsse also das Interesse von E.ON, bis zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes von der Steuerzahlung verschont zu bleiben, schwerer wiegen als die öffentlichen Belange. Es sei aber nicht ersichtlich, daß dem KKW-Betreiber durch die sofortige Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung "irreparable Nachteile oder eine unzumutbare Härte" drohen würden. Jedenfalls lasse sich aus den vorliegenden Angaben "nicht auf eine drohende Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz der Antragstellerin schließen".
Die Prioritäten, die in einem solchen Streitfall zu beachten sind, faßte der Bundesfinanzhof folgendermaßen zusammen: "Dem bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bestehenden Geltungsanspruch jedes formell verfassungsmäßig zustande gekommenen Gesetzes ist dann der Vorrang einzuräumen, wenn die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung eines Steuerbescheids im Ergebnis zur vorläufigen Nichtanwendung eines ganzen Gesetzes führen würde, die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Bescheids im Einzelfall eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen als eher gering einzustufen sind und der Eingriff keine dauerhaften nachteiligen Wirkungen hat."