März 2007 |
070302 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der italienische Stromkonzern Enel hat die Bemühungen von E.ON zur Übernahme
des spanischen Energiekonzerns Endesa überraschend durchkreuzt und den deutschen
Energiekonzern zu einer weiteren Erhöhung seines Übernahmeangebots an die
Endesa-Aktionäre gezwungen. Offenbar war der Einstieg von Enel in das Übernahme-Poker
bei einem Treffen des spanischen Ministerpräsidenten Zapatero mit seinem italienischen
Kollegen Prodi vereinbart worden, das am 20. Februar auf Ibiza stattfand. Mittlerweile
hat E.ON sein Angebot auf 40 Euro pro Aktie nochmals erhöht, worauf Endesa und
Acciona den Endesa-Aktionären 41 Euro in Aussicht stellten (siehe Grafik). Der
für Endesa gebotene Kaufpreis pro Aktie hat sich seit Herbst 2005 fast verdoppelt.
Am 27. Februar gab Enel bekannt, 9,99 Prozent der Endesa-Aktien erworben zu haben, und zwar für insgesamt 4,1 Milliarden Euro bzw. 39 Euro je Aktie. Bis zum 1. März erhöhte Enel die Beteiligung auf 24,9 Prozent. Zusammen mit dem spanischen Baukonzern Acciona, der seine Beteiligung an Endesa inzwischen auf 21,03 Prozent ausgebaut hat, verfügen die Widersacher von E.ON damit über rund 46 Prozent der Endesa-Aktien, was den von E.ON angestrebten Mehrheitserwerb praktisch unmöglich machen würde. Unter diesem Umständen verzichtete E.ON am 6. März auf die Satzungsänderungen, über die die Endesa-Aktionäre am 20. März auf einer Hauptversammlung beschließen sollten. Die Hauptversammlung wurde abgesagt.
Presseberichten zufolge versuchte der E.ON-Konzern nun, mit Acciona ins Geschäft zu kommen. Er soll dem Baukonzern unter anderem angeboten haben, ihm das Endesa-Geschäft mit erneuerbaren Energien zu überlassen. Es gelang ihm aber offenbar nicht, Acciona zur Abgabe des 21-Prozent-Anteils an Endesa zu bewegen. Vielmehr scheint sich der Baukonzern von einer Allianz mit Enel mehr zu versprechen.
Neue Bewegung in die Fronten brachte am 23. März die spanische Börsenaufsicht CNMV: Zum einen teilte sie mit, daß Enel und Acciona frühestens nach einem halben Jahr ein Gegenangebot für Endesa vorlegen dürfen, da sie beim Kauf ihrer Aktienpakete versichert hatten, kein Übernahmeangebot zu beabsichtigen. Zum anderen erlaubte die Behörde eine nachträgliche Korrektur des bereits eingereichten E.ON-Angebots. E.ON machte davon Gebrauch und erhöhte am 26. März auf 40 Euro pro Endesa-Aktie. Die Annahmefrist für das E.ON-Angebot verlängerte sich dadurch in Spanien bis zum 3. April und in den USA bis 6. April. Zugleich leitete der Konzern mehrere juristische Verfahren ein: Bei der Börsenaufsicht CNMV beantragte er die Eröffnung eines Verfahrens gegen Acciona und Enel wegen Irreführung des Marktes, Verstoß gegen das Übernahmerecht und Insider-Handel. Bei einem Bundesgericht (Federal Court) in New York verklagte er die beiden Widersacher wegen Verletzung der amerikanischen Offenlegungsregeln.
Enel und Acciona reagierten darauf noch am 26. März mit der Bekanntgabe einer Vereinbarung, wonach beide den Endesa-Aktionären einen Übernahmepreise von mindestens 41 Euro zusagen, sobald dies rechtlich möglich ist. Am folgenden Teil teilte der E.ON-Konzern mit, daß er sich sich im Rahmen einer Swap-Vereinbarung mit Caja Madrid die 9,9-prozentige Beteiligung der spanischen Bank an Endesa gesichert habe. Die Vereinbarung sieht vor, daß Caja Madrid ihre Endesa-Aktien nicht im Rahmen des laufenden Übernahmeangebots an E.ON veräußert. Während der zweijährigen Laufzeit der Vereinbarung hält Caja Madrid die Aktien. Am Ende der Laufzeit wird die Swap-Vereinbarung entweder durch einen Barausgleich oder durch Übertragung der Aktien auf E.ON beendet.
Die Europäische Kommission beschloß am 28. März, Spanien wegen Nichtbefolgung ihrer Entscheidungen zum Fall Endesa vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Es geht dabei um die Bedingungen, die E.ON im Juli 2006 von der spanischen Energieregulierungsbehörde CNE (060810) und am 3. November 2006 per Ministerialentscheidung (061109) auferlegt worden waren. Die Kommission hatte die fraglichen Bedingungen in ihren Entscheidungen vom 26. September und 20. Dezember 2006 für unrechtmäßig erklärt, weil sie gegen Artikel 21 der EU-Fusionskontrollverordnung verstoßen. Die bisherigen Stellungnahmen Spaniens hätten keine Hinweise auf etwaige Schritte zur Aufhebung der rechtswidrigen Maßnahmen enthalten.