September 1997

970903

ENERGIE-CHRONIK


EU-Staaten wollen sich auf einheitliche Besteuerung von Energieträgern einigen

Die Mehrheit der 15 EU-Mitgliedsstaaten will die Energieträger innerhalb der Gemeinschaft einheitlich besteuern und bis zum Jahresende auch die noch zögernden Staaten dafür gewinnen. Dies teilte Luxemburgs Umweltminister Johny Lahure am 29.9. nach einem Treffen der Umwelt- und Finanzminister in Berlin mit. Luxemburg hat derzeit die EU-Präsidentschaft inne. Nach den bisherigen Plänen der EU-Kommission soll die Besteuerung sämtliche Energieträger unter Einschluß von Mineralöl, Erdgas, Kohle und Strom erfassen. Lediglich für erneuerbare Energien sind Ausnahmen geplant (Handelsblatt, 30.9.).

Inzwischen plädiert auch Frankreich unter seiner neuen Regierung für eine Energiesteuer zur Reduzierung des Treibhauseffektes, womit sich die Zahl der Befürworter in den Reihen der EU-Staaten auf neun erhöht hat. Großbritannien und die südeuropäischen Staaten verhalten sich dagegen weiterhin ablehnend.

Nach Selbstverpflichtung der Industrie verzichtete Bonn auf nationalen Alleingang

Die Europäische Kommission hatte bereits 1992 einen Vorschlag zur Einführung einer kombinierten CO2- und Energiesteuer in den Staaten der Gemeinschaft unterbreitet (siehe 920502), der jedoch keine hinreichende Unterstützung fand und im Mai 1995 schließlich formell zurückgezogen wurde (siehe 950502). Ersatzweise appellierte die Kommission an die Regierungen, im Alleingang tätig zu werden. In Deutschland unternahm Bundeswirtschaftsminister Rexrodt einen solchen Vorstoß (siehe 950710), den er dann jedoch aufgrund einer Selbstverpflichtung der Industrie zur Reduktion der CO2-Emmissionen sowie deren Präzisierung und Erweiterung (siehe 950305, 950306 u. 960304) nicht weiter verfolgte. Auf dem Papier blieben auch entsprechende Pläne der SPD (siehe 950608 u. 950905) und der Bündnisgrünen (siehe 951103). Zeitweise hatte die Bonner Koalition auch erwogen, die Mittel zur Subventionierung der Steinkohleverstromung, die seit dem Wegfall des "Kohlepfennigs" aus Steuergeldern aufgebracht werden müssen, mit einer "Energiesteuer" zu kompensieren (siehe 950301) oder andere Haushaltslücken durch eine erhöhte Mehrwertsteuer auf Energieverbrauch zu stopfen (siehe 961202).

Bundesregierung will höhere Energiekosten durch Reduzierung der Arbeitskosten ausgleichen

Im März dieses Jahres war die EU-Kommission dann erneut in dieser Angelegenheit aktiv geworden, indem der für die Steuerpolitik zuständige EU-Kommissar Mario Monti die Einführung europaweiter Mindestsätze zur Besteuerung sämtlicher Arten des Energieverbrauchs vorschlug (siehe 970306). Auch die Bundesregierung wolle sich für eine ökologisch orientierte Besteuerung des Energieverbrauchs in der EU einsetzen, erklärte Bundesumweltministerin Angela Merkel im Anschluß an das Treffen der Umwelt- und Finanzminister vom 29.9. in Berlin. Insgesamt dürften die Steuerbelastungen für die Wirtschaft aber nicht steigen. Die Erhöhung der Energiekosten müsse durch eine Reduzierung der Kosten von Arbeit ausgeglichen werden.

Bereits 1994 hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eine einheitliche Energiesteuer mit Ausnahme der Erneuerbaren vorgeschlagen, die aufkommensneutral an Unternehmen und private Verbraucher zurückfließen sollte (siehe 940605). Die Hauptkritik an dem Vorschlag war damals, daß er die strukturellen Wirkungen eines nationalen Alleingangs nicht genügend berücksichtige und die einzelnen Branchen, je nach Energie- oder Arbeitsintensität, ungleich belasten würde.

Die Wirtschaftswoche (18.9.) bemerkte zu diesem Thema: "Mit einer Selbstverpflichtung zur Reduzierung der Kohlendioxidemissionen glaubte die deutsche Wirtschaft schon, die Einführung einer Ökosteuer nachhaltig verhindert zu haben. Doch die Freude währte nicht lange. Nun droht die Ökosteuer doch - und zwar auf Geheiß der Brüsseler Eurokraten."