August 2021 |
Hintergrund |
ENERGIE-CHRONIK |
Trotzdem plädiert der VCI-Präsident Kullmann in einem Interview ganz beiläufig für den Ausstieg aus dem Atomausstieg
Die jüngsten Unwetterkatastrophen haben die Auswirkungen einer Klimaveränderung
drastisch vor Augen geführt. Man darf bezweifeln, ob sich die rechtsextreme
AfD heute noch trauen würde, im Bundestag den Antrag einzubringen, die
"sofortige Aufgabe aller Klimaschutz- und Energiewendeziele" zu beschließen,
wie sie das vor zwei Jahren tat (191015). Zugleich
verspüren aber konservative Kräfte Oberwasser, die – ähnlich
wie die AfD, aber im Ton moderater und manchmal auch intelligenter begründet
– die Beibehaltung der Kernenergie bzw. sogar den Neubau von Kernkraftwerken
fordern, weil diese bei der Stromerzeugung keine Treibhausgase freisetzen.
In der Schweiz haben die KKW-Betreiber den Rückenwind durch die Klimadiskussion dankbar aufgenommen, um möglichst lange Laufzeiten für die vier Reaktoren durchzusetzen, die es nach der 2019 erfolgten Abschaltung des Kernkraftwerks Mühleberg an den drei Standorten Beznau, Gösgen und Leibstadt noch gibt. Die Schweizer haben zwar 2017 per Volksabstimmung ein Gesetz bestätigt, das den Bau neuer Reaktoren verbietet (170509). Der damit grundsätzlich beschlossene Ausstieg aus der Kernenergie wird aber relativiert durch das Fehlen einer Laufzeitbegrenzung für die vorhandenen Reaktoren und nur sehr vage von deren Sicherheit abhängig gemacht. Der Betreiberverband Swissnuclear nutzte diese Lücke, indem er am 9. August "langfristig stabile Rahmenbedingungen" forderte, um sämtliche Reaktoren "bis zu 60 Jahre und bei Bedarf auch länger am Netz behalten und wirtschaftlich betreiben" zu können.
In Deutschland ist nicht damit zu rechnen, dass die KKW-Betreiber ein derartiges Lamento anstimmen, um die zum Jahresende anstehende Abschaltung von Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf noch zu verhindern. Dasselbe gilt für die Ende 2022 vorgesehene Stilllegung der drei letzten Reaktoren Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2. Für die Noch-Betreiber sind diese Kernkraftwerke ein abgeschlossenes Kapitel, zumal sie nun auch noch 2,43 Milliarden Euro Abfindung kassieren dürfen, weil eine konfuse Politik die vor zwanzig Jahren in Kraft getretene Ausstiegsregelung unnötigerweise verpfuscht, verzögert und verteuert hat (siehe Hintergrund, März 2021, Hintergrund, November 2020 und Hintergrund, Mai 2018)
Das gilt auch und gerade für den RWE-Konzern, der einst den deutschen Atomausstieg durch den Bau neuer Reaktoren in Bulgarien (081103) oder Großbritannien (090103) zu umgehen versuchte und im Inland seinen besonders hohen Atomstromanteil offensiv mit einem "ProKlimaTarif" bewarb (081109). "Wir stehen dafür nicht zur Verfügung", erklärte jetzt der neue RWE-Chef Markus Krebber (210510), als er am 23. August bei einer Veranstaltung der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung Düsseldorf auf eine Verlängerung der Laufzeiten aus Klimaschutzgründen angesprochen wurde.
Und das war sicher eine ehrliche Anwort. Man wird zwar den meisten Spitzenmanagern der Energiewirtschaft getrost unterstellen dürfen, dass es ihnen letztendlich nur um das Geschäft geht. Aber gerade deshalb war sie ehrlich: Nach dem Abtritt des Kernenergie-Fans Jürgen Grossmann wurde seinem Nachfolger Peter Terium schnell klar, dass RWE den erneuerbaren Energien viel zu lange die kalte Schulter gezeigt hatte und deshalb die Erträge sanken. Bei E.ON kam man zu demselben Befund (130502). Aus beiden DAX-Zugpferden waren lahme Gäule geworden (Hintergrund, Mai 2013), weil sie viel zu lange auf Kohle und Kernenergie gesetzt hatten (Hintergrund, Oktober 2013). Als erster begann E.ON Ende 2014 mit der Aufspaltung des Konzerns in zwei Bereiche, von denen der eine die Erneuerbaren und sonstige zukunftsträchtige Geschäftsfelder umfasste, während Kohle und Kernenergie im anderen verblieben (141203). Ein Jahr später folgte RWE (151207). Im März 2018 vereinbarten dann beide Konzerne eine Aufteilung des deutschen Energiemarktes, bei der RWE die Stromerzeugung mit dem Schwerpunkt Erneuerbare übernahm, während E.ON sich das Netz- und Vertriebsgeschäft sicherte (180301).
Die Energie Baden-Württemberg, die ihrer starken KKW-Lastigkeit einst mit pompös inszenierten "Klimakongressen" einen klimaschützerischen Anstrich zu geben versuchte (060912, 071014), vollzog unter dem neuen Chef Frank Mastiaux (120315) ebenfalls die Neuorientierung auf erneuerbare Stromquellen. Dafür sorgte schon die grün-rote Landesregierung, die seit 2011 als Großaktionär im Aufsichtsrat saß.
Selbst wenn der Bau neuer Kernkraftwerke in Deutschland wieder erlaubt würde, gäbe es bei diesen einstigen Atomstrom-Konzernen nicht die geringste Bereitschaft, sich erneut auf dieses Geschäftsfeld zu begeben. Es schrecken allein schon die immensen Probleme, die Frankreich beim Export des EPR, dem Neubau von Reaktoren im eigenen Land oder der daraus resultierenden Verlängerung der Laufzeiten für Bestandsanlagen hat (Hintergrund, August 2020). Soviel Geld konnte nur ein Land verpulvern, in dem der Bau von Kernkraftwerken historisch eng mit den Ambitionen der "Force de frappe" einherging. In Deutschland ist das einschlägige technische Fachwissen, das einst bei Siemens konzentriert war, sowieso längst perdu (Hintergrund, Februar 2009). Vor allem aber ist die Kernenergie eine der teuersten Arten der Stromerzeugung und deshalb ohne massive Staatshilfen und politischen Flankenschutz gar nicht rentabel. Ganz zu schweigen von den Problemen und Folgekosten bei der Entsorgung oder "Wiederaufarbeitung" des hochradioaktiven Mülls, der unvermeidbar anfällt (Hintergrund März 2017 und Hintergrund Juni 2015).
Insofern nimmt es doch sehr wunder, dass am 18. August ein namhafter Vertreter der deutschen Wirtschaft in einem ganzseitigen Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen" ganz beiläufig für den Ausstieg aus dem Atomausstieg plädierte. Es handelte sich um den Evonik-Vorstandsvorsitzenden Christian Kullmann, der zugleich Präsident des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) ist. Kullmann begann seine unternehmensinterne Karriere einst als Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des RAG-Konzerns. In dieser Funktion war er auch für jene im Oktober 2003 gestartete Anzeigenkampagne verantwortlich, die vom Bundesrechnungshof beanstandet wurde, weil der staatlich alimentierte Ruhrkohle-Nachfolger RAG der bundesdeutschen Öffentlichkeit auf Kosten des Steuerzahlers die Steinkohle als krisensicheren Energieträger schmackhaft machen wollte (031014, 040511, 040912, 050804). Kullmanns Expertise in Sachen Stromerzeugung scheint seitdem eher noch schlechter geworden zu sein, denn auf die Frage, wie wichtig der Ausbau von Windkraft und Solarenergie sei, antwortete er folgendermaßen:
"Sie leisten einen Beitrag, reichen aber nicht aus für eine stabile Versorgung, also für die Grundlast. Das ist auch der Grund, weshalb in Baden-Württemberg alle Kohlekraftwerke weiterlaufen, sie sind von der Bundesnetzagentur als systemrelevant eingestuft. Andere Kohlekraftwerke werden jetzt durch Gaskraftwerke ersetzt. Als Brückentechnologie sind die im Vergleich zur Kernenergie nur die zweitbeste Lösung. Von Kollegen aus Frankreich weiß ich, dass unser Nachbarland den Vorschlägen der EU-Kommission nur dann zustimmt, wenn Kernenergie als nachhaltig für den Green Deal eingestuft wird. Für Deutschland bedeutet es, dass wir in naher Zukunft erheblich Strom importieren müssen. Das wird Kohlestrom sein aus Osteuropa und Kernenergie aus Frankreich. Da drängt sich mir die Frage auf, ob wir nicht selbst die Kernkraft stärker nutzen sollten – zumindest so lange, bis wir eine eigene Grundlastversorgung haben. Denn wenn wir von Importen abhängig werden, wird's richtig teuer."
In dieser Antwort vermengte der Evonik-Chef richtige Feststellungen mit falschen.
Vor allem zog er falsche Schlußfolgerungen. Es beginnt schon mit dem ersten
Satz, wonach eine stabile Energieversorgung mit Wind- und Solarenergie nicht
möglich sei. Diese Behauptung stimmt so nicht. Sie zeugt lediglich von
technischer Ignoranz – so wie bei dem neoliberalen Ökonomen Hans-Werner
Sinn, der dieses Vorurteil zu dem Schmähwort "Zappelstrom" verdichtet
hat, das dann die AfD dankbar aufgriff, um es in ihre Lobgesänge auf Kohle
und Kernenergie einzuflechten (181101). Selbstverständlich
lässt sich auch eine unregelmäßig anfallende Stromerzeugung
nutzen, ohne dass deshalb das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Last verloren
geht. Das beweist schon die heutige Praxis, bei der ein ungefähr hälftiger
Beitrag der Erneuerbaren zur Stromerzeugung, der größtenteils aus
"Zappelstrom"besteht, problemlos ausgeglichen wird. Entgegen allen
Unkenrufen hat sogar die Bundesnetzagentur soeben einen neuen Rekord an Versorgungssicherheit
vermeldet (210810). Dass der Ausgleich zwischen Erzeugung
und Last vor allem mit konventionellen Gaskraftwerken erfolgt, hat allein Kostengründe
und liegt an der politischen Entscheidung, vorerst keine Speicherkapazitäten
zur Bereitstellung von Regelenergie aus erneuerbaren Quellen vorzuschreiben
oder auch nur zu fördern (210506). Grundsätzlich
könnten aber mit "grünem Wasserstoff" betriebene Gaskraftwerke
genau dieselbe Aufgabe übernehmen.
Leicht skurril wirkt, wie der Evonik-Chef zwei sehr unterschiedliche Kraftwerkstypen als "Brückentechnologien" bezeichnet, dabei aber Gaskraftwerke nur für die "zweitbeste Lösung" nach der Kernenergie hält. Will er etwa die Erneuerbaren durch Kernenergie ergänzen und dabei die Unbeständigkeit des "Zappelstroms" durch Rauf- und Runterfahren der Reaktoren kompensieren? – Es gab ja tatsächlich mal eine kurze Phase, in der die Atomwirtschaft die "Flexibilität von Kernkraftwerken" entdeckte und in ihrer Propaganda herausstrich. Zum Beispiel verbreitete RWE im März 2010, dass sämtliche deutsche Reaktoren zusammen die "Einspeiseschwankungen der Windenergie flexibel mit 9600 Megawatt innerhalb von 15 Minuten unterstützen" könnten (100312). Damit wollte man die Kritik an den enormen Laufzeiten-Verlängerungen entkräften, die Union und FDP damals vorbereiteten. Nach Fukushima hörte man nichts mehr davon. Stattdessen unterstrich RWE nun die "hohe Flexibilität" der beiden Braunkohle-Blöcke, die im August 2012 am Standort Neurath in Betrieb genommen wurden (120807). Beide Male handelte es sich um zweckdienliche Übertreibungen, denn sowohl Atom- als auch Braunkohlekraftwerke können ihre Erzeugung nur relativ langsam und in sehr begrenztem Umfang ändern. Häufige Lastwechsel strapazieren außerdem ihre Technik und machen die Stromerzeugung unrentabler. Vielleicht sollte man das auch mal dem Evonik-Chef sagen.
Oder bezieht sich sein Vergleich zwischen Gas- und Kernkraftwerken nur auf deren Tauglichkeit zur Deckung der Grundlast? - Da müsste man zunächst mal klären, was er eigentlich unter Grundlast versteht, denn im ersten Satz verwendet er diesen Begriff als Synonym für "stabile Versorgung". Tatsächlich sind Atom- und Braunkohlekraftwerke typische Grundlastkraftwerke. Man nennt sie allerdings nicht deshalb so, weil sie zur Deckung der Grundlast notwendig wären, sondern weil sie aus technischen und betriebswirtschaftlichen Gründen möglichst rund um die Uhr mit nur geringen Leistungsschwankungen betrieben werden müssen. Der als Grundlast bezeichnete Sockel des Stromverbrauchs lässt sich durchaus auch mit anderen Kraftwerken abdecken – sogar mit dem "Zappelstrom" aus Wind- und Solaranlagen, der zwar unregelmäßig anfällt, aber gut prognostizierbar ist. Zusammen mit den beständigeren Einspeisungen aus Biomasse und Wasserkraft ergibt er schon jetzt einen ziemlich hohen Erneuerbaren-Sockel, der zwar zur Deckung der Grundlast meistens noch nicht ausreicht, aber durch weiteren Ausbau der Kapazitäten und geeignete Speichertechniken dazu befähigt werden könnte.
Es ist also nicht so, dass der Ausstieg aus Kernenergie und Kohle die Abdeckung der Grundlast gefährden würde, wie die schwammige Formulierung "Grundlastversorgung" einem unbefangenen Leser des Interviews suggeriert. Vielmehr ist die jederzeitige Abdeckung der Grundlast – ebenso wie die der Mittel- und Spitzenlast – eine conditio sine qua non. Andernfalls bräche sehr schnell die Stromversorgung zusammen. Der Begriff Grundlast ist rein netztechnisch im Sinne eines ziemlich konstanten Stromverbrauchs zu verstehen und nicht etwa an eine bestimmte Kraftwerksart gebunden. Jede Stromquelle ist grundlastfähig, sofern sie einigermaßen kontinuierlich zur Verfügung steht.
Dem Evonik-Chef genügt offenbar nicht, dass die Grundlast zuverlässig gedeckt wird und dies für jeden nachprüfbar ist, weil es sonst zu Stromausfällen käme. Er will eine "eigene Grundlastversorgung", und die sieht er in naher Zukunft nicht mehr gegeben, weil sie dann mit Kohlestrom aus Osteuropa und Atomstrom aus Frankreich sichergestellt werden müsse. Und diese Besorgnis treibt ihn derart um, dass sich ihm sogar die Frage aufdrängt, "ob wir nicht selbst die Kernkraft stärker nutzen sollten" – zumindest solange, wie die Unabhängigkeit von Stromimporten nicht gegeben sei, denn dann werde es "richtig teuer".
Diese Sichtweise der Dinge könnte nun wirklich fast von einem "Energiexperten" der AfD stammen (von der sich Kullmann im selben Interview distanziert). Allerdings würde die AfD die angebliche Notwendigkeit einer deutschen Strom-Autarkie wohl eher nationalistisch als finanziell begründen. Außerdem würde sie zusätzlich die Erhaltung aller fossil befeuerten Kraftwerke, die sofortige Einstellung sämtlicher Klimaschutz-Aktivitäten und die Abschaffung des "Zappelstroms" fordern. Der Evonik-Chef verlangt aber keineswegs die "Aufgabe aller Klimaschutz- und Energiewendeziele", sondern beruft sich gerade auf die Notwendigkeit des Klimaschutzes, um eine Lanze für die Kernenergie zu brechen. Er knüpft damit an ein altes Argumentationsmuster an, mit dem das "Deutsche Atomforum", der "Informationskreis Kernenergie" und ähnliche Propagandaeinrichtungen der Nuklearwirtschaft seit den achtziger Jahren die damals aufkommende Klimadebatte zu nutzen versuchten, um der Anti-Atomkraft-Bewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Zum Beispiel haben sich die KKW-Betreiber in ihren Anzeigenkampagnen gern als "Deutschlands ungeliebte Klimaschützer" dargestellt.
In die AfD-Ecke gehört Kullman also nicht, obwohl die Leichtfertigkeit, mit der er das Fass Kernenergie wieder aufmachen will, gut zu diesen Desperados passen würde. Er zählt eher zu jenen eingefleischten Kernenergie-Fans, die im rechtskonservativen Flügel der Union ihre politische Heimat sehen. Und nun wittern diese Morgenluft, weil die Zuspitzung der Ängste vor einer Veränderung des Weltklimas einhergeht mit der Frage, ob sich das Ziel einer "klimaneutralen" Treibhausgas-Bilanz schnell und umfassend genug durch Umstellung auf erneuerbare Energien bewerkstelligen lässt.
Unter völliger Ausblendung der Realitäten kommt so auch Kullmanns Empfehlung zustande, man möge doch wieder mehr Kernenergie einsetzen, weil Deutschland sonst in naher Zukunft von Stromimporten abhängig werde und die "eigene Grundlastversorgung" verliere. Tatsächlich sind die zeitweilig exzessiven deutschen Exportüberschüsse beim kommerziellen und physikalischen Stromaustausch mit dem Ausland (160110) in den letzten Jahren wieder zurückgegangen. Nach der Abschaltung der drei letzten Kernkraftwerke Ende 2022 könnte daraus ein Importüberschuss werden, was bisher nur in einzelnen Monaten der Fall war. Das wäre freilich keineswegs eine nationale Katastrophe. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass die alte Bundesrepublik bis 1990 immer ein Exportdefizit beim Stromaustausch mit den Nachbarländern hatte – obwohl gleichzeitig immer mehr Kernkraftwerke ans Netz gingen und am Ende 17 Reaktoren rund 30 Prozent des Stroms erzeugten. Dieser Importüberschuss hat aber weder das Wirtschaftswunder beeinträchtigt noch andere nachteilige Folgen gehabt.
Heute sind die nationalen Strommärkte technisch und kommerziell weitaus enger verflochten. Es wirkt deshalb unfreiwillig komisch, wenn der Evonik-Chef wegen eines vorübergehend zu erwartenden Importbedarfs den Untergang der "eigenen Grundlastversorgung" an die Wand malt. Seiner düsteren Prophezeiung, dass es dann "richtig teuer" werde, fehlt ebenfalls die Grundlage. Für den seinerzeit größten Importeur unter den deutschen Verbundunternehmen, das Badenwerk, war der Strombezug aus Frankreich sogar ein gutes Geschäft.
Um sein eigenes Unternehmen braucht sich Kullmann in punkto "eigene Grundlastversorgung" übrigens keine Sorgen zu machen. Die Evonik Industries AG, die 2007 aus der Zusammenlegung der RAG-Töchter Steag, Degussa und RAG-Immobilien entstand (070907), verfügte schon immer über eigene Kraftwerke. Momentan ist sie dabei, an ihrem größten Produktionsstandort im Chemiepark Marl ein neues GuD-Kraftwerk zu errichten, das ein altes Reservegaskraftwerk ersetzt. Zuvor hatte sie schon ein Steinkohlekraftwerk durch eine GuD-Anlage ersetzt. Beide Gaskraftwerke könnten den Industriepark im Inselbetrieb auch dann mit Strom und Dampf versorgen, wenn das Netz der öffentlichen Stromversorgung in Deutschland einmal ganz ausfallen sollte – was aber wohl nicht so schnell eintreten wird, wie man aufgrund mancher Panikmache glauben könnte.